Роман «Путешествие Гулливера в незнакомые страны» (Gullivers Reisen in unbekannte Länder) на немецком языке |
Фантастический роман «Путешествие Гулливера в незнакомые страны» (Gullivers Reisen in unbekannte Länder) на немецком языке – читать онлайн, автор книги – Джонатан Свифт. Своё самое известное произведение Джонатан Свифт написал в 1726-м году, т.е. почти 300 лет назад, и оно до сих пор является образцом сатирико-фантастического жанра в литературе. Книга «Путешествие Гулливера» была неоднократно переведена на многие самые распространённые языки мира, и входит входит в список наиболее значимых произведений мировой литературы за всю историю её существования. Другие литературные произведения на немецком языке можно читать онлайн в разделе «Книги на немецком», а детскую литературу - в разделе «Сказки на немецком». Для тех, кто самостоятельно изучает немецкий язык по фильмам, создан раздел «Фильмы на немецком» (для детей есть раздел «Мультфильмы на немецком»). Для тех, кто хочет учить немецкий язык не только самостоятельно, но и с преподавателем, есть информация на странице «Немецкий по скайпу».
Теперь переходим к чтению романа «Путешествие Гулливера в незнакомые страны» (Gullivers Reisen in unbekannte Länder) на немецком языке. На этой странице выложена первая глава книги, а ссылка на продолжение романа «Путешествие Гулливера» будет в конце этой страницы.
Gullivers Reisen in unbekannte Länder
Erster Teil Reise nach Liliput
Erstes Kapitel
Der Verfasser macht uns mit seinen Familienverhältnissen und mit der nächsten Veranlassung zu seiner Reise bekannt. Er leidet Schiffbruch und rettet sich durch Schwimmen an den Strand von Liliput; hier wird er gefangen genommen und in das Innere des Landes geführt.
Mein Vater, der ein kleines Landgut in Nottinghamshire, einer englischen Grafschaft, besaß, hatte fünf Söhne, von denen ich der dritte war. Ich war ein munterer, aufgeweckter Knabe, auch dem Lernen nicht abgeneigt, darum schickte mich mein Vater, als ich kaum das vierzehnte Jahr erreicht hatte, auf die Universität Cambridge, wo ich drei Jahre lang fleißig und zur Zufriedenheit meiner Professoren studierte. Jedoch die kleinen Einkünfte meines Vaters, die auch für den Unterhalt und die Erziehung meiner Brüder verwandt werden mußten, erlaubten es nicht, mein Studium in Cambridge weiter fortzusetzen, und darum wurde ich bei Herrn James Bates, einem der tüchtigsten Wundärzte Londons, in die Lehre gegeben, wo ich ebenfalls drei Jahre blieb und neben meinen Berufsgeschäften der Mathematik und anderen für die Schiffahrtkunde nötigen Wissenschaften mit Eifer oblag, weil mir eine innere Ahnung sagte, daß mich mein Schicksal einst für große Reisen bestimmen würde. Eine große Reiselust, die mich von jeher beseelte, die Begierde, fremde Länder, Völker und Sitten kennenzulernen, machte mich mit der Bestimmung dieses meines Schicksals vertraut. Aus dem Grunde studierte ich auch, nachdem ich bei Herrn Bates meine Lehrzeit beendet und von meinem Onkel und meinem Vater bereitwillig mit einer kleinen, aber genügenden Geldsumme unterstützt war, in Leyden beinahe drei Jahre Medizin und bildete mich in dieser Wissenschaft tüchtig aus, weil ich sehr wohl aus Reisebeschreibungen und aus Mitteilungen welterfahrener Leute wußte, daß mir die Arzneikunde auf großen Reisen sehr nützlich werden könnte. – Schon manchem hat die genaue Kenntnis des menschlichen Körpers und seiner Leiden unter wilden Völkern nicht allein das bedrohte Leben gerettet, sondern ihm auch zu Reichtümern, Macht und Ansehen verholfen. Mein Schicksal sollte sich bald erfüllen, denn kaum war ich von Leyden zurückgekehrt, als ich durch Vermittlung meines ehemaligen braven Lehrers Bates die Stelle eines Wundarztes auf der »Schwalbe« erhielt, deren Kapitän Abraham Pannel war. Mit diesem Schiffe machte ich Reisen nach Kleinasien und anderen vom Mittelländischen Meere berührten Ländern, ohne daß ich bemerkenswerte Abenteuer erlebt hätte. Fast schien es, als ob mein Leben ruhiger verlaufen sollte, als ich geahnt, denn nach meiner Rückkehr ließ ich mich auf den Rat meines guten Bates, der mir einen Teil seiner ärztlichen Praxis überließ, in London nieder und verheiratete mich mit einem wakkeren Mädchen namens Marie Burton, der Tochter eines nicht unbemittelten Strumpfhändlers. Zwei Jahre hatte ich in meinem häuslichen Glück, und pflichtgetreu meinen Berufsgeschäften obliegend, ruhig dahingelebt, als mich der Tod meines guten Lehrers und Freundes Bates wieder über Land und Meer treiben sollte. Mit seinem Tode verlor ich nämlich den größten Teil meiner Praxis und wurde von neidischen Kollegen verdrängt, die es nicht verschmähten, mir durch Prahlereien und Scharlatanerien bei dem leichtgläubigen Volke überall den Rang abzulaufen. So kam ich denn in meinen Vermögensverhältnissen merklich zurück, und dies veranlaßte mich, mit Zustimmung meiner Frau und meiner wenigen Freunde, wieder in Seedienste zu treten. Ich fand bald wieder eine Anstellung als Schiffswundarzt und machte sechs Jahre lang Reisen nach verschiedenen Gegenden Ostindiens und Amerikas, wodurch ich nicht nur mein und der Meinigen Einkommen vermehrte, sondern mir auch nützliche Kenntnisse in fremden Sprachen und in der Länder- und Völkerkunde erwarb. Endlich aber wurde ich, zumal die letzten Reisen nicht glücklich ausgefallen waren, des Seefahrens müde und beschloß, bei meiner Frau und meiner Familie zu bleiben. Doch der Mensch denkt und Gott lenkt! Meine Hoffnungen auf eine gute Praxis und ein gutes Einkommen erwiesen sich abermals als trügerisch, und ich fand keinen anderen Rat, um unsere Lage zu verbessern, als trotz der Tränen meiner Frau wiederum in See zu gehen. Der Eigentümer und Befehlshaber der »Antilope«, Kapitän William Prichard, machte mir ein vorteilhaftes Anerbieten, und am 4. Mai des Jahres 1699 ging ich mit ihm als sein Schiffsarzt in See. Unsere Reise war anfangs glücklich und bot nichts Bemerkenswertes, dann aber, als wir uns etwa in der zweiten Minute des dreißigsten Grades südlicher Breite befanden, stieg – es war am 5. November, ein mir ewig unvergeßlicher Tag – ein schreckliches Unwetter auf und entlud sich mit einem so heftigen Sturme über die Wasserwüste, daß unser Schiff bald ein rettungsloses Spiel berghoher Wogen wurde. Alle Anstrengungen des Kapitäns und der Matrosen waren vergeblich, der Sturm trieb uns unaufhaltsam einem Felsenriff zu, ein donnerähnliches Krachen, ein verzweifelter Angstschrei der ganzen Mannschaft und – wir waren gescheitert. Bald tanzten auf den schäumenden Spitzen der wilden Wogen die Masten, Planken und Rippen unseres geborstenen und zertrümmerten Schiffes. Kapitän und Mannschaft wurden von den Wogen verschlungen. Mir allein hatte die Vorsehung noch andere Dinge vorbehalten. Ich hatte mich in meiner Jugend, als ein Freund nützlicher Leibesübungen, auch zu einem tüchtigen Schwimmer ausgebildet, und so schwamm ich denn, vom Selbsterhaltungstrieb beseelt und gekräftigt, auf gut Glück darauf los, oder ließ mich vielmehr von Sturm und Wogen treiben; denn mit meiner Kunst konnte ich mir in diesem entsetzlichen Wogendrange keine Richtung nach meinem Willen geben, sondern sie reichte eben nur aus, um mich über Wasser zu erhalten. Nach und nach fühlte ich aber meine Kräfte schwinden, und schon glaubte ich mich verloren, als ich Grund unter meinen Füßen fühlte und der Sturm zugleich nachließ. Ich war gerettet, aber durch die bestandenen Schrecken und die übermenschlichen Anstrengungen so ermattet, daß ich mich kaum auf den Beinen erhalten konnte. Dennoch watete ich, alle meine Kräfte zusammennehmend, durch das flache Wasser mit möglichster Eile der Küste zu, die sich etwa in der Entfernung einer halben Stunde sanft aufsteigend aus dem Meere erhob. Ich hoffte Menschen, Hilfe und Erquickung zu finden. Als ich aber das Land erreichte, erblickte ich weder Menschen noch menschliche Wohnungen. Ich wanderte mit der letzten Anstrengung meiner Kräfte wohl noch eine halbe Stunde durch Gestrüpp und Buschwerk in das öde Land hinein und sank endlich ganz erschöpft und todmüde auf einem freundlichen Wiesenplan nieder, der auffallend weiches und kurzes Gras trug; bald versank ich hier in einen tiefen Schlaf und schlief fester denn je in meinem Leben. Als ich erwachte, war es heller Tag und die Sonnenstrahlen schienen mir brennend ins Gesicht. Ich versuchte aufzustehen, konnte mich aber nicht bewegen und meinte anfangs, daß meine Glieder durch die gemachten Anstrengungen steif und unbrauchbar geworden seien. Indes bald merkte ich, auf dem Rükken liegend, zu meiner größten Verwunderung, daß mir Arme und Beine an den Boden gefesselt waren; selbst mein ziemlich langes und dichtes Haar war am Boden befestigt. Auch fühlte ich mehrere kleine Schnüre am ganzen Leibe von den Achselhöhlen bis zu meinen Schenkeln. Zugleich vernahm ich in meiner Nähe ein merkwürdiges Geräusch gleich dem Summen eines Bienenschwarms und fühlte, daß etwas auf meinem linken Schenkel umherkrabbelte. Himmel! wer malt mein Erstaunen, als sich über Schenkel und Brust meinem Gesicht ein Geschöpfchen von etwa sechs Zoll Höhe nähert, das eine zierliche, mit Bogen und Pfeil bewaffnete Menschengestalt nicht verkennen läßt! Zugleich belehrte mich das Gekrabbel auf meinen Beinen und meiner Brust, daß wenigstens noch vierzig bis fünfzig ähnliche Menschlein dem Vorausgegangenen folgen müßten. Ich stieß einen so lauten Ausruf der Überraschung und des Erstaunens aus, daß die kleinen Geschöpfe erschrocken und sich überpurzelnd davonliefen; einige beschädigten sich, wie ich nachher hörte, durch den Fall, als sie von meiner Seite herabsprangen. Bald aber kamen die Kleinen wieder, und einer von ihnen wagte sich so weit, daß er mir ins Gesicht blicken konnte, schlug dann voll Verwunderung seine kleinen, den Pfoten eines Maulwurfs ähnlichen Händchen zusammen und rief mit feiner, aber deutlicher und klarer Stimme: Hekina Degul! Ermutigt näherten sich nun auch die übrigen Menschlein wieder, und aus dem Stimmengewirr, das unter ihnen laut wurde, konnte ich deutlich vernehmen, daß sie das Wort: Hekina Degul, dessen Sinn ich damals nicht verstand, wiederholten. Wie leicht zu erachten, befand ich mich in keiner bequemen Lage und suchte daher die Bindfäden zu zerreißen, mit denen man meine Glieder an eingerammte Stecken befestigt hatte. Es gelang mir auch, meinen rechten Arm zu befreien, und durch einen heftigen Ruck, der mir viel Schmerz verursachte, befreite ich mich auch von den Banden, die mein Haar auf der rechten Seite des Kopfes fesselten, so daß ich meinen Kopf etwa zwei Zoll hoch erheben konnte. Mit der freigewordenen rechten Hand suchte ich nun eines der Männlein zu erhaschen, aber es wich geschickt aus und lief Hals über Kopf mit den übrigen davon. Eine Zeitlang blieb’s rings um mich her ruhig, dann aber hörte ich deutlich, wie einer im Kommandotone rief: Tolgo Phonac! Und in demselben Augenblick fühlte ich ein so heftiges Beißen und Prickeln auf meiner linken Hand, als ob ich sie in einen Ameisenhaufen gesteckt hätte. Es war eine Salve von den kleinen Leuten abgeschossener Pfeile, die mir diesen Schmerz verursachten; die Spitzen dieser Pfeilchen wirkten wie Nadelstiche, drangen aber nicht völlig durch die Haut. Gleich darauf traf mich ein anderer Pfeilhagel, der aber, nach Art wie man die Bomben wirft, im Bogen geschossen und darauf berechnet war, mein Gesicht zu verwunden. Da die prickelnden Dinger mir doch höchst unangenehm waren, so ward ich unwillig und zornig und versuchte mit drohender Gebärde, wiederum mich mit Gewalt aus meinen Umstrickungen loszureißen. Meinen Bewegungen folgte aber sogleich wieder eine noch stärkere Salve von Pfeilen, und einige der verwegensten der kleinen Knirpse traten an mich heran und versuchten, mir ihre acht Zoll langen Lanzen in die Seite zu bohren, was ihnen aber nicht gelang, da das Wams von Büffelleder, das ich trug, viel zu stark für ihre schwachen Klingen und Kräfte war. Unsereins würde leichter eine Rhinozeroshaut mit einem Dolchstich durchbohren, als diese Krieger mein Büffelwams mit ihren Zahnstochern. Gleichwohl hielt ich es, des unangenehmen, prickelnden Pfeilregens wegen, für geraten, mich ruhig zu verhalten und die Nacht zu meiner Befreiung abzuwarten, indem ich mir sagte, daß ich, einmal frei, sämtliche Heere der kleinen Leutchen nicht zu fürchten haben würde. Als indes das Völkchen sah, daß ich mich ruhig und friedlich verhielt, belästigte es mich nicht weiter mit Pfeilschüssen, doch konnte ich aus dem zunehmenden Summen und Lärmen schließen, daß meine kleinen Feinde fort und fort durch Hilfstruppen und anderes herzulaufende Volk verstärkt wurden. Auch hörte ich in der Nähe meines rechten Ohrs wohl eine Stunde hindurch ein Klappern wie von kleinen Hämmern und ein leises Knirschen von Sägen, wie sie zum Diebsgebrauch etwa aus Uhrfedern verfertigt werden. Das Geräusch mochte etwa acht Fuß weit von meinem Ohre laut werden. Ich drehte meinen Kopf, so gut es gehen wollte, nach dem Geräusch um und sah, daß man an einem etwa anderthalb Fuß hohen Gerüste arbeitete, das mit Leitern zum Hinaufsteigen versehen war und oben eine umschränkte Fläche bot, auf der wohl vier oder fünf der kleinen Männlein Platz nehmen konnten. Bald sollte es mir klar werden, daß das Gerüst als Rednerbühne dienen sollte, denn als es fertig war, bestieg ein seiner Kleidung und seinem würdevollen Benehmen nach vornehmer Mann in Gesellschaft einiger Begleiter, von denen einer, anscheinend ein Page, ihm die Schleppe seines langen, kostbaren Mantels trug, die Plattform des Gerüsts und hielt eine lange Rede an mich, von der ich jedoch begreiflicherweise kein Wort verstand. Doch darf ich nicht unerwähnt lassen, daß, bevor der vornehme Mann seine Rede begann, er dreimal ausrief: Langro dehul san! (Worte, die mir später wiederholt und erklärt wurden), worauf etwa fünfzig der Leutchen diensteifrig dicht an mich heranliefen und die Bindfäden, die noch die linke Seite meines Kopfes festhielten, rasch durchschnitten, so daß ich nun Gestalt und Gebärden des Redners bequem beobachten konnte. Der Mann war von schlanker, schöner Gestalt und ragte wenigstens um zwei Haare breit über seine Begleiter hervor, von denen zwei an seiner Seite standen, um ihn zu halten, damit er nicht etwa im Eifer seiner Rede vom Gerüst falle. Obgleich ich nichts von den Worten des Redners verstand, so konnte ich doch aus seinen Gebärden wahrnehmen, daß er sich in Drohungen und Versprechungen, in Teilnahme und in Artigkeiten erging. Ich antwortete in wenigen Worten und in untertänigster Weise, erhob die linke Hand und die Augen zur Sonne, als wollte ich sie zum Zeugen meiner friedfertigen Gesinnung anrufen, führte dann aber, da ich sehr hungrig war, die Hand wiederholt zum Mund. Der Hurgo (so nannte man den vornehmen Redner, wie ich nachher erfuhr) verstand meine Bewegung vollkommen und nickte zustimmend. Darauf stieg er von seiner Bühne herab und gab Befehl, mehrere hohe Feuerleitern an meine Seite zu stellen. Als dies geschehen war, kletterten etwa hundert Mann mit Körben voll Fleisch und Brot bepackt an mir herauf und näherten sich meinem Munde. Die Speisen hatte, wie ich später erfuhr, der Kaiser des Landes, gleich nach der ersten Nachricht von meiner Ankunft, meine Bedürfnisse in seiner Weisheit voraussehend, hierhergesandt. Ich erkannte in dem Fleische Keulen und Rippenstücke verschiedener Tiere; sie waren sehr schmackhaft zubereitet, aber der größte Hammelbraten war nicht größer als bei uns in England ein Lerchenschenkel. Zwei oder drei solcher Braten steckte ich auf einmal mit einer hohlen Handvoll runder Brötchen, welche die Größe von Flintenkugeln hatten, in den Mund und aß bei meinem ausgehungerten Magen und ungewöhnlichen Appetit so rasch, daß die Leutchen vollauf mit dem Heranschleppen der Speisen zu tun hatten. Unbeschreiblich war ihr Erstaunen über meinen Appetit. Nachdem ich meinen Hunger gestillt, gab ich ein deutlich zu erkennendes Zeichen, daß ich zu trinken wünschte. Man verstand mich sogleich, hatte sich auch darauf vorgesehen, und etwa zweihundert Arbeiter zogen mit viel Geschicklichkeit eines ihrer größten Fässer zu mir hinauf, rollten es auf meine Hand und schlugen den Boden ein. Durstig, wie ich war, trank ich das Faß in einem Zuge leer, und das war nicht groß zu verwundern, da es kaum einen Schoppen hielt. Übrigens war das Getränk sehr gut und erfrischend und schmeckte fast wie Burgunderwein, nur war seine duftende Blume noch viel feiner. Unter Lachen und Jubeln rollte man ein zweites Faß von derselben Größe auf meine Hand, das ich ebenso rasch leerte wie das erste. Da mein Durst noch immer nicht völlig gelöscht war, so gab ich durch weitere Zeichen zu verstehen, daß man mir noch mehr Fässer bringen möchte, allein auf einen solchen Riesendurst hatte man sich doch nicht vorgesehen, es war kein Getränk mehr vorhanden und ich mußte mich wohl oder übel mit dem Genossenen begnügen. Mein gewaltiges Essen und Trinken ließ die Leutchen nicht aus einem fortwährenden Geschrei des Staunens und der Verwunderung kommen, sie tanzten, die Hände zusammenschlagend, auf meinem Bauche und meiner Brust herum und riefen wiederholt wie früher: Hekina Degul! Dann bedeuteten sie mich, die leeren Fässer von mir zu werfen, vergaßen aber vorher nicht, die Umstehenden zu warnen, vor den herabfallenden Fässern auf ihrer Hut zu sein. Ich machte ihnen nun den Spaß und ließ die Fässer hoch durch die Luft sausen, wodurch ich ein abermaliges Geschrei der Verwunderung hervorrief. Eine Zeitlang hatte ich nicht übel Lust, dreißig oder vierzig der kleinen Gesellen, die allzukeck auf mir herumkrabbelten, zu packen und gegen den Boden zu schmettern, allein der Gedanke, daß sie mir bei ihrer großen Zahl und anerkennenswerten Tapferkeit doch unangenehme Plagen und Schaden zufügen könnten, hielt mich davon zurück, auch sagte ich mir, daß es ja meinerseits der schwärzeste Undank für die genossene Gastfreundschaft sein würde, wenn ich so grausam und unbarmherzig zwischen die guten Leutchen griffe. Ich verhielt mich also nach wie vor ruhig und friedlich. Als meine kleinen Gastfreunde bemerkten, daß ich nicht mehr zu essen wünschte, machten sie einem hohen Staatsbeamten Platz, den Seine Majestät der Kaiser hergeschickt hatte. Die mit Orden geschmückte Exzellenz stieg auf einer Leiter, wie man sie bei uns wohl den Laubfröschen ins Glas stellt, zu meinem Knie hinauf und marschierte, von zwölf Trabanten gefolgt, gravitätisch meinem Gesichte zu. Hier angekommen, hielt er mir ein besiegeltes Beglaubigungsschreiben seines Souveräns vor die Augen und richtete dann eine lange Rede an mich, aus der ich, seinen Mienen und Gebärden aufmerksam folgend, vernahm, daß er zwar nicht im Zorn, aber doch mit Ernst und Entschlossenheit sprach; wiederholt wies der Herr Geheimrat oder Minister nach einer bestimmten Richtung hin, wo, wie ich bald bemerkte, in der Entfernung einer guten Wegstunde die Haupt- und Residenzstadt des Landes lag. Es ward mir klar, daß man mich dorthin abführen wollte, und ich gab mit de- und wehmütigen Gebärden zu verstehen, daß man mich meiner Fesseln entledigen möchte. Die Exzellenz verstand meinen Wunsch, nahm ihn aber mit unwilligem Kopfschütteln auf und machte mir deutlich, daß ich als Gefangener abgeführt werden müsse; übrigens gab sie mir zu verstehen, daß ich an Speise und Trank keinen Mangel leiden und gut behandelt werden würde. Ärgerlich suchte ich jedoch noch einmal meine Fesseln zu brechen, empfand aber sogleich wieder einen prickelnden Pfeilregen auf den Händen und im Gesicht. Da hielt ich es denn für das Klügste, mich den Wünschen des kleinen Volks zu fügen und gab Zeichen, daß sie ganz nach ihrem Belieben mit mir verfahren möchten. Dies nahm der vornehme Mann mit seinem Gefolge sehr gut auf und entfernte sich mit vergnügtem Gesicht und befriedigter Amtsmiene. Bald darauf fühlte ich, daß, wahrscheinlich auf hinterlassenen Befehl des hohen Herrn, eine Menge der Leutchen die Strikke an meiner linken Seite in der Art lösten, daß ich mich auf die rechte umdrehen konnte, und diese Veränderung meiner Lage war mir sehr wohltuend. Die veränderte Lage und das genossene Getränk machten mich zum Schlaf geneigt. Ich schlief sanft ein und, wie man mir nachher sagte, schlief ich acht Stunden hintereinander, was nicht zu verwundern war, da die Ärzte auf Befehl des Kaisers einen Schlaftrunk in den von mir genossenen Wein gemischt hatten. Wie es scheint, hatte man gleich nach meiner Entdeckung Eilboten an den Kaiser geschickt, um hinsichtlich meiner Befehle einzuholen, und diese waren dann nach erfolgtem Ministerrat dahin gegangen, daß ich in der beschriebenen Weise gefesselt, gespeist, getränkt und eingeschläfert werden sollte, um dann auf einer Transportmaschine nach der Residenz zur allerhöchsten Besichtigung geführt zu werden. Dieser Entschluß könnte vielleicht allzu kühn und gefährlich erscheinen, und ein europäischer Fürst würde bei ähnlicher Gelegenheit schwerlich eine solche Maßregel ergreifen. Allein bei reiflicher Überlegung fand ich, daß die Verfügung des Kaisers ebenso weise wie edelmütig war; denn welches Unglück hätte daraus entstehen können, wenn man etwa versucht hätte, mich während meines Schlafes zu ermorden! Die Mordversuche würden mir Schmerz verursacht und mich geweckt haben, und dann hätte ich im Aufwallen des Zornes und der Wut leicht ein fürchterliches Blutbad unter den Untertanen Seiner Majestät anrichten können. Wie ich später oft in Erfahrung zu bringen Gelegenheit hatte, besitzt das kleine Völkchen eine außerordentliche Geschicklichkeit in mechanischen Arbeiten; der Kaiser beschützt und fördert sowohl diese als andere nützliche Tätigkeiten und Wissenschaften, und daher kommt es, daß ihm auch eine Menge sehr sinnreich konstruierter Maschinen zur Beförderung großer Lasten zu Gebote stehen. Er läßt auf solchen durch Räder bewegten Maschinen oft sogar seine größten Kriegschiffe, die gegen sechs Fuß lang sind, von der Stelle ihres Bauplatzes auf eine Entfernung von vierhundert Ellen zur See und bis an die Stelle fahren, wo sie flottgemacht werden können. Die größte Maschine dieser Art war nun zu meiner Beförderung bestimmt, und der König befahl fünfhundert Zimmerleuten und Ingenieuren, sich rasch ans Werk zu machen und die Maschine in den nötigen Stand zu setzen. Sie bestand aus einem von derbem Holz gefügten und drei Zoll über dem Boden erhabenen Bau, sieben Fuß lang, vier Fuß breit und mit zweiundzwanzig Rädern versehen. Als diese Maschine, die, wie es schien, bereits einige Stunden nach meiner Entdeckung schon in Bewegung gesetzt war, ankam, erscholl ein vieltausendstimmiges Freudengeschrei, denn das kleine Volk fühlte sein Selbstgefühl gehoben durch die Weisheit seines Monarchen und die Geschicklichkeit seiner Gelehrten und Künstler. Man stellte nun zunächst die Maschine meiner Lage parallel, aber nun war die große Schwierigkeit zu überwinden, mich hinaufzuheben. Achtzig Stöcke von der Länge eines Fußes wurden eingerammt, und die stärksten ihrer Seile, von der Dicke eines Bindfadens, wurden mit Haken an eine gleiche Zahl von Banden geheftet, welche die Arbeiter mir um Hände, Hals, Leib und Arme wanden. An den eingerammten Pfählen nun hingen diese Seile auf Rollen, und neunhundert der stärksten Männer begannen, sie aufzuwinden. Auf diese Weise wurde ich etwa drei Stunden lang emporgehoben, endlich in die Maschine geworfen und dort festgeschnürt. Man hat mir das alles nachher, nachdem ich die Landessprache erlernt hatte, erzählt, denn während des ganzen Vorgangs lag ich noch infolge des genossenen Weines in tiefem Schlafe, nur das überlaute Freudengeschrei bei Ankunft der Maschine hatte mich, jedoch nur auf wenige Augenblicke, geweckt. Fünfzehnhundert der stärksten Pferde, die der Kaiser besaß und die nach den Begriffen des Landes die ansehnliche Länge von acht Zoll und eine Höhe von vier und einem halben Zoll hatten, wurden vorgespannt; die mutigen Tiere zogen kräftig an und die Reise ging ohne allen Unfall von statten. Nur, als wir etwa vier Stunden unterwegs gewesen waren, wäre beinahe durch die Neugier eines vorwitzigen Gardeoffiziers ein Unglück herbeigeführt worden. Der Leutnant nämlich war, um mein Gesicht in der Nähe zu betrachten, mit einigen ebenso vorwitzigen Kameraden zu meinem Kopf heraufgeklettert, um möglichst genau meine Züge zu sehen. Da hatte er es denn nicht lassen können, mich mit der Spitze seines Degens im Nasenloch zu kitzeln, so daß ich mehrmals laut niesen mußte und erwachte. Durch mein Niesen und Blasen aber war der Gardeleutnant nebst seinen Kameraden über und über gepurzelt, und alle würden sich schwer durch einen Sturz beschädigt haben, wenn sie sich nicht glücklicherweise in den Falten meines Wamses gefangen hätten. Wir erreichten an demselben Tage die Stadt noch nicht, sondern mußten auf freiem Felde übernachten. Es wurde also halt gemacht und fünfhundert mit Bogen und Spießen bewaffnete Leibgardisten wurden kommandiert, mich bei dem Schein angezündeter Fackeln zu bewachen; sie hatten den Befehl, sofort auf mich zu schießen, wenn ich mich rühren sollte. Bei Sonnenaufgang setzten wir am nächsten Morgen unsere Reise fort und waren gegen Mittag nur noch etwa zweihundert Ellen von den Stadttoren der Residenz entfernt. Der Kaiser kam uns mit seinem ganzen Hofe entgegen; die ihn begleitenden Generale wollten aber durchaus nicht dulden, daß Seine Majestät durch das Besteigen meines Körpers sein kostbares Leben in Gefahr brächte. Der Wagen fuhr bei einem uralten Tempel vor, der nicht mehr zum Gottesdienst benutzt wurde und, wie man sagte, das größte Gebäude im ganzen Lande sei. Dieser ehrwürdige Bau nun wurde mir zur Wohnung angewiesen. Das große, gegen Norden gelegene Tor hatte die ansehnliche Höhe von vier Fuß und war beinahe zwei Fuß breit, so daß ich bequem hindurchkriechen konnte. Auf jeder Seite des Tores befand sich ein kleines Fenster; an den eisernen Fensterkreuzen des links gelegenen befestigte nun der Hofschmied an starken eisernen Ringen einundneunzig Ketten, von der Dicke unserer goldenen Damenuhrketten, und schloß sie mit wohlverwahrten Schlössern an meinem linken Fuß. Nachdem dies geschehen war, bestieg der Kaiser mit seinem Gefolge einen etwa fünf Fuß hohen, in unmittelbarer Nähe des Tempels stehenden Turm, um eine gute Übersicht über meinen ganzen Körper zu haben. Unzählbar war das Volk, das zu demselben Zweck aus der Stadt zusammengelaufen war und mich mit staunender Bewunderung betrachtete. Viele wagten, auf Leitern zu mir heraufkletternd, ihr Leben, so daß sich Seine Majestät veranlaßt sah, bei Todesstrafe diese allzuweit getriebene Neugier zu verbieten. Als man sich überzeugt hatte, daß meine Ketten fest genug waren, durchschnitt man alle Stricke, womit ich gefesselt war. Ich stand nun eben nicht in rosenfarbener Laune auf und schritt, soweit es die Ketten erlaubten, ein paarmal hin und her, um meine von dem langen Liegen steif gewordenen Glieder wieder geschmeidig zu machen. Meine Feder ist zu schwach, um das Staunen und den jubelnden Lärm des Volkes zu schildern, als es mich nun in meiner ganzen Länge aufgerichtet umhergehen sah. Die Ketten an meinem linken Fuß gaben mir ungefähr vier Fuß Spielraum und gestatteten, daß ich in den Tempel kriechen konnte. Dies tat ich, um mich dem unaufhörlichen Lärm zu entziehen, und streckte mich der Länge nach in dem geräumigen Tempel aus.
Читайте дальше по ссылке продолжение романа «Путешествие Гулливера в незнакомые страны» (Gullivers Reisen in unbekannte Länder) на немецком языке. Весь список немецкоязычной литературы вы найдёте на странице «Книги на немецком языке». Литература на других иностранных языках есть в разделе «Книги онлайн». |
Изучение иностранных языков - новое
- Cказка «Крёстный» (El señor padrino) на испанском языке онлайн, братья Гримм
- Cказка «Невеста разбойника» (La novia del bandolero) на испанском языке онлайн
- Сказка «Господин Корбес» (El señor Korbes) на испанском языке онлайн, братья Гримм
- Сказка «Волшебный столик, осёл и дубинка» (La mesa, el asno y el bastón maravillosos) на испанском языке
- Сказка «Портной на небе» (El sastre en el cielo) на испанском языке онлайн, братья Гримм
- Сказка «Умная Эльза» (Elsa la Lista) на испанском языке онлайн, братья Гримм
- Сказка «Три языка» (Las tres lenguas) на испанском языке онлайн, братья Гримм
- Сказка «Смышлёный Ганс» (Juan el listo) на испанском языке онлайн, братья Гримм
- Книга «Преступление и наказание» (Crimen y castigo) на испанском языке онлайн
- Книга «Человек-невидимка» (El hombre invisible) на испанском языке – читать онлайн
- Книга «Нетерпение сердца» (La impaciencia del corazón) на испанском языке онлайн, Стефан Цвейг
- Книга «Война миров» (La guerra de los mundos) на испанском языке – читать онлайн
- Книга «Зов предков» (La llamada de lo salvaje) на испанском языке онлайн, Джек Лондон
Уроки иностранных языков онлайн
Наиболее востребованные онлайн уроки
- Аудиал, визуал, кинестетик, дигитал (тест). Как определить доминирующий тип восприятия?
- Фильмы на польском языке с субтитрами (смотреть онлайн или скачать)
- Названия месяцев в польском языке. Даты на польском
- Род существительных в испанском языке
- Эллипсис в английском языке (примеры)
- Союзы в испанском языке (испанские союзы)
- Род существительных во французском языке
- Запятая в английском языке
- Фильмы на французском языке с субтитрами: смотреть онлайн или скачать
- Болонская система оценивания (баллы ECTS)
- Прошедшее совершенное время в испанском языке (Pretérito perfecto)
- Английский для начинающих (Киев)
- Предлоги в английском языке (Prepositions)
- Артикли в итальянском: определённые, неопределённые, частичные
- Глаголы в испанском языке (классификация)