gototopgototop

английский

итальянский

немецкий

нидерландский

датский

шведский

норвежский

исландский

финский

эстонский

латышский

литовский

греческий

албанский

китайский

японский

корейский

вьетнамский

лаосский

кхмерский

бирманский

тайский

малайский

яванский

хинди

бенгальский

сингальский

тагальский

непальский

малагасийский

Рассказ «Скандал в Богемии» (Ein Skandal in Bohemia) на немецком языке

Рассказ «Скандал в Богемии» (Ein Skandal in Bohemia) на немецком языке – читать онлайн, автор книги – Артур Конан Дойль. Этот рассказ открывает сборник Артура Конан Дойля «Приключения Шерлока Холмса» (эти рассказы стали очень популярными и позже были переведены на многие самые распространённые языки мира).

Остальные рассказы и повести, которые написал Артур Конан Дойль, а также произведения других известных писателей вы найдёте в разделе «Книги на немецком» (для детей есть раздел «Сказки на немецком»).

Для самостоятельно изучающих немецкий язык по фильмам создан раздел «Фильмы на немецком», а для детей – «Мультфильмы на немецком».

Для тех, кто хочет учить немецкий язык не только самостоятельно, но и с преподавателем, есть информация на странице «Немецкий по скайпу».

 

Теперь возвращаемся к чтению рассказа «Скандал в Богемии» (Ein Skandal in Bohemia) на немецком языке, автор – Артур Конан Дойль.

 

Ein Skandal in Bohemia

 

I.

Für Sherlock Holmes ist sie die Frau geblieben. Selten habe ich gehört, daß er sie unter irgendeiner anderen Bezeichnung erwähnte. In seinen Augen beherrscht sie ihr ganzes Geschlecht und stellt es, in. den Schatten. Dabei war es nicht so, als hätte er etwas wie Liebe für Irene Adler empfunden. Alle Gefühle, und dieses im besonderen, waren seinem kühlen; präzisen, aber bewundernswert ausgewogenen Verstand zuwider. Er war nach meiner Meinung die perfekteste Denkund Beobachtungsmaschine, die die Welt je gesehen hat; aber als Liebhaber wäre er fehl am Platz gewesen. Er sprach, nie von den sanfteren Leidenschaften als rafft Spott und Hohn. Sie waren für ihn, den Beobachter.; eine aasgezeichnete Sache, die sich hervorragend eignete, den Schleier über den Motiven und Taten der Menschen zu lüften. Aber zuzulassen, daß sie sich in sein vornehmes und wohlgeformtes Wesen mischten, bedeutete für ihn, den geübt en Denker, einen verwirrenden Faktor einzuführen, der Zweifel an den Ergebnissen seines Denkens nach sich gezogen hätte. Sand. in einem hochempfindlichen Gerät oder ein Sprung im Glas einer seiner äußerst starken Lupen wäre nicht störender gewesen, als eine heftige Empfindung in einer Natur, wie die seine es war. Und so gab es nur eine Frau für ihn, und das war die verstorbene Irene Adler; zweifelhaften und fragwürdigen Angedenkens. Ich hatte Holmes in der letzten Zeit wenig zu Gesicht bekommen. Meine Heirat hatte uns auseinandergebracht. Mein vollständiges Glück und die aufs Heim beschränkten Interessen, die rings um einen Mann sprießen, der zum ersten Mal Herr eines eigenen Hauswesens ist, nahmen all meine Aufmerksamkeit, In Anspruch; während Holmes, der jede Form der Geselligkeit aus den Tiefen seiner Boheme-Seele verabscheute, in unserer Wohnung in der Baker Street blieb, vergraben in seinen alten Büchern, und Woche um Woche von Kokain zu Ehrgeiz wechselte, von der Betäubung durch die Droge zu der, wilden Tatkraft, die seine ureigene Natur war: Er fühlte sich noch wie je vom Studium des Verbrechens aufs äußerste angezogen und widmete seine unerhörten Fähigkeiten und seine außergewöhnliche Beobachtungsgabe dem Verfolgen der Spuren und der Klärung der Geheimnisse; die von der Polizei als hoffnungslos aufgegeben worden waren. Von Zeit zu Zeit hörte ich irgendeinen vagen Bericht über sein Tun: von seiner Berufung nach Odessa im Fall des Trepaw- Mords, von der Klärung der einmaligen Tragödie der. Brüder Atkinson in Trinpomalee durch ihn und schließlich von der Aufgabe, die er so behutsam und erfolgreich im Auftrag der königlichen Familie von Holland löste. Außer diesen Zeichen für seine Aktivität, die ich wie alle Leser den Tageszeitungen entnahm, wußte ich wenig von. meinem früheren Freund und Gefährten. Eines Abends - es war der 20. März 1888 - kam ich von einem Besuch bei einem Patienten zurück (denn ich hatte meinen Praxisbetrieb wieder aufgenommen), und mein Weg führte mich durch die Baker Street. Als ich an der mir wohl bekannten Tür vorüberging, die in meiner Erinnerung immer mit meiner Bräutigamszeit und den dunklen Vorfällen, die ich in ›Späte Rache‹ wiedergab, verbunden sein wird, ergriff mich der drängende Wunsch, Holmes wiederzusehen und in Erfahrung zu bringen, wie er seine außergewöhnlichen Fähigkeiten einsetzte. Seine Zimmer waren hell erleuchtet, und als ich emporsah, erblickte ich seine große dünne Gestalt zweimal als dunklen Umriß hinter der Gardine: Er hastete unaufhörlich hin und her, den Kopf auf die Brust gesenkt und die Arme auf dem Rücken verschränkt. Mir, der ich jede seiner Stimmungen und Gewohnheiten kannte, erzählten seine Haltung und das Benehmen ihre eigene Geschichte. Er war wieder an der Arbeit. Er war, aus seinen Drogenträumen erwacht und verspürte nun Heißhunger auf einen neuen Fall. Ich zog die Glocke und wurde nach oben gewiesen, in das Zimmer, das ich früher selber mit bewohnt hatte. Sein Benehmen war nicht überschwenglich. Das gab es bei ihm selten; aber ich glaube, er war froh, mich zu sehen. Er sprach kaum ein Wort, wies mir aber mit freundlichem Blick einen Sessel, warf mir seine Zigarrenkiste zu und deutete auf seinen Alkoholvorrat und einen Syphon in der Ecke. Er stand vorm Feuer und musterte mich in seiner prüfenden Art.

"Die Ehe bekommt Ihnen", bemerkte er.

"Mir scheint, Watson Sie haben seit dem letztenmal siebeneinhalb Pfund zugelegt."

"Sieben" antwortete ich.

"Wirklich, ich hätte ein bißchen höher geschätzt. Nur ein ganz kleines bißchen glaube ich, Watson. Und Sie praktizieren wieder, wie ich feststellen kann. Sie haben mir nichts davon gesagt, daß Sie wieder im Geschirr gehen."

"Woher wissen Sie es denn?"

"Ich sehe es, ich schlußfolgere es. Woher wußte ich sonst, daß Sie vor kurzem erst sehr naß geworden sind und daß Sie ein äußerst ungeschicktes und nachlässiges Dienstmädchen haben."

"Mein lieber Holmes", sagte ich, "das ist zuviel. Sie wären sicherlich verbrannt worden, hätten Sie ein paar Jahrhunderte früher gelebt. Es stimmt, daß ich am Donnerstag einen Spaziergang über Land gemacht habe und in einem schrecklichen Zustand nach Hause gekommen bin, aber daß ich die Kleider gewechselt habe, kann ich mir nicht vorstellen, wie Sie darauf schließen. Und - was Mary Jane angeht - sie ist unverbesserlich und meine Frau hat ihr gekündigt. Aber wieder weiß ich nicht, wie Sie das herausbekommen haben."

Er lachte in sich hinein und rieb sich die langen nervösen Hände.

"Nichts ist einfacher als das", sagte er.

"Meine Augen sagen mir, daß auf der Innenseite Ihres linken Schuhs, dort, wo das Licht des Feuers ihn streift, sieben fast parallele. Schnitte eingekerbt sind. Offensichtlich sind die Schnitte von jemandem verursacht worden, der sehr unvorsichtig den Sohlenrand abgekratzt hat, um getrockneten Schlamm zu entfernen. Daher, mein Lieber, meine zweifache Schlußfolgerung, daß Sie erstens in schlechtes Wetter geraten sind und daß Sie zweitens ein besonders bösartiges, schuhzerschneidendes Exemplar aus der Londoner Dienerschaft hatten. Und was Ihre Praxis angeht: Wenn ein Herr ins Zimmer kommt und nach Chloroform riecht, einen schwarzen, Fleck vom Silbernitrat am rechten Zeigefinger hat und seitlich am Hut eine Beule, die verrät, wo er sein Stethoskop untergebracht hat, müßte ich wirklich dumm sein, wenn ich ihn nicht als ein praktizierendes Mitglied der ärztlichen Zunft ansprechen würde."

Ich mußte über die Leichtigkeit lachen, mit der er den Prozeß seiner Schlußfolgerung erklärte.

"Wenn Sie das Ergebnis Ihrer Beobachtungen vortragen", bemerkte ich, "so bin ich jedesmal im ersten Augenblick verblüfft. Aber wenn Sie mich dann den Gang Ihrer Beweisführung hören lassen, dann erscheint mir alles so lächerlich einfach, daß ich selber hätte darauf kommen können. Und doch glaube ich, daß meine Augen so gut sind wie die Ihren." "Ganz recht", antwortete er, zündete sich eine Zigarette an und warf, sich in einen Sessel. "Sie sehen, aber Sie beobachten nicht: Der Unterschied liegt klar zutage. Zum Beispiel haben Sie doch häufig die Stufen gesehen, die von der Halle, herauf in dieses Zimmer führen."

"Ja, häufig."

"Wie oft?"

"Nun, einige hundert Male."

"Wie viele sind es denn?"

"Wie viele? Ich weiß es nicht."

"Das ist es! Sie haben nicht beobachtet. Und doch haben Sie gesehen. Darauf kommt es an. Nun, ich weiß, daß es siebzehn Stufen sind, weil ich gesehen und beobachtet habe. Übrigens, Da Sie sich für solche kleinen Probleme erwärmen und da Sie so freundlich waren, über eine oder zwei meiner unbedeutenden Erfahrungen zu berichten, könnten Sie sich möglicherweise hierfür interessieren."

Er reichte mir ein Blatt schweren, rosafarbenen Briefpapiers, das offen auf dem Tisch gelegen hatte.

"Es ist mit der letzten Post gekommen", sagte er.

"Lesen Sie laut."

Der Brief war undatiert, hatte weder Unterschrift noch Adresse.

"Heute abend Viertel vor acht", stand da, "wird ein Herr bei Ihnen, vorsprechen, der in einer Sache von äußerster Wichtigkeit Ihren Rat einholen möchte. Ihre neulich einem der Königshäuser Europas geleisteten Dienste haben erwiesen, daß man Ihnen bedenkenlos Angelegenheiten anvertrauen kann, deren Wichtigkeit nicht hoch genug anzusetzen ist. Dieser, Ihr Ruf, wurde uns von allen Seiten bestätigt. Seien Sie zu der angegebenen Zeit in Ihrem Zimmer und nehmen Sie keinen Anstoß daran, wenn Ihr Besucher eine Maske trägt."

"Das ist wahrlich geheimnisvoll", bemerkte ich.

"Was, glauben Sie, mag das bedeuten?"

"Ich habe noch keine Prämissen. Es ist ein schwerer Fehler, wenn man theoretisiert, ohne Prämissen, zu haben. Unmerklich fängt man dann nämlich an, Tatsachen zurechtzubiegen, sie Theorien anzupassen, statt die Theorien nach Tatsachen zu bilden. Aber zum Brief. Was schließen Sie aus ihm?"

Sorgsam prüfte ich die Schrift und das Papier, auf dem sie stand.

"Der Mann, der das geschrieben hat, ist vermutlich wohlhabend" bemerkte ich bestrebt, das Vorgehen meines Freundes nachzuahmen. "Papier der Art kann man nicht unter einer halben Krone je Bogen kaufen. Es ist eigentümlich stark und steif."

"Eigentümlich, das ist das treffende Wort", sagte Holmes. "Es ist ganz bestimmt kein englisches Papier. Halten Sie es gegen das Licht."

Das tat ich und sah ein großes 'E' mit einem kleinen 'G', ein 'P' und ein großes 'G' mit einem kleinen 'T' in die Struktur des Papiers eingelassen.

"Was halten Sie davon?" fragte Holmes.

"Zweifellos der Name des Herstellers, oder doch sein Firmenzeichen."

"Nichts dergleichen. Das 'G' mit dem kleinen 'T' steht für Gesellschaft, das deutsche Wort für ›Company‹. Es ist die gebräuchliche Abkürzung unseres ›Co.; 'P' steht natürlich für ›Papier‹. Nun zum 'Eg'. Sehen wir in unser geographisches Lexikon vom Kontinent. Er nahm einen schweren braunen Band aus dem Regal. Eglow, Eglonitz - hier haben wir es: Eger. Das liegt im deutschsprachigen Gebiet - in Böhmen, nicht weit von Karlsbad.

"Bemerkenswert als Schauplatz der Ermordung Wallensteins und wegen der zahlreichen Glasfabriken und Papiermühlen. Haha, mein Junge, was meinen Sie dazu?"

Seine Augen funkelten und er ließ aus seiner Zigarette eine große blaue Triumphwolke aufsteigen.

"Das Papier ist in Bohemia hergestellt worden", sagte ich.

"Genau. Und der Mann, der den Brief geschrieben hat, ist Deutscher. Ist Ihnen der eigentümliche Satzbau aufgefallen... 'Dieser Ihr Ruf wurde uns von allen Seiten bestätigt.. '. Ein Franzose oder ein Russe kann das nicht geschrieben haben. Nur der Deutsche geht so unhöflich mit seinen Verben um. So bleibt lediglich übrig, herauszufinden, was dieser Deutsche will, der auf böhmischem Papier schreibt und es vorzieht, eine Maske zu tragen, statt sein Gesicht zu zeigen. Und hier kommt er, wenn ich nicht irre, um alle unsere Zweifel zu zerstreuen.".

Während er noch sprach, war das harte Geräusch von Pferdehufen und ein Mahlen von Rädern gegen den Bordstein zu hören. Darauf folgte ein heftiger Zug an der Hausglocke. Holmes pfiff.

"Ein Gespann, wie es sich anhört", sagte er.

"Ja", fuhr er fort, nachdem er einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte, "ein kleiner netter Brougham und zwei prächtige Pferde. Jedes einhundertundfünfzig Guineas wert. Wenn schon nichts anderes, dann steckt Geld in der Geschichte, Watson."

"Ich glaube, ich gehe besser, Holmes."

"Aber nicht doch, Doktor. Bleiben Sie, wo Sie sind. Ohne meinen Boswell bin ich verloren. Und die Sache verspricht interessant zu werden. Es wäre ein Jammer, sie zu verpassen."

"Aber Ihr Klient..."

"Kümmern Sie sich nicht um ihn. Möglicherweise brauche ich Ihre Hilfe, und er vielleicht auch. Da kommt er schon. Setzen Sie sich in den Sessel dort und schenken Sie uns Ihre ganze Aufmerksamkeit."

Ein langsamer, schwerer Schritt, den wir schon von der Treppe und vom Korridor gehört hatten, hielt unmittelbar vor der Tür. Es folgte lautes, herrisches Klopfen.

"Herein!" sagte Holmes. Ein Mann, der kaum weniger als sechs Fuß und sechs Inches groß war und die Brust und die Gliedmaßen eines Herkules besaß, betrat das Zimmer. Seine Kleidung war prunkvoll, von einer Pracht, die man in England bereits für etwas ansieht, das schlechtem Geschmack sehr nahe kommt. Die Vorderteile und die Manschetten seiner zweireihigen Jacke waren breit mit Astrachanpelz besetzt, und der über die Schultern geworfene tiefblaue, mit flammendfarbener Seide gefütterte Umhang wurde am Hals mit einer Brosche zusammengehalten, die aus einem einzigen feurigen Beryll bestand. Stiefel, die bis zur halben Wade reichten und am oberen Rand mit dichtem braunem Pelz eingefaßt waren, vervollständigten den Eindruck barbarischen Reichtums, den die ganze Erscheinung aufdrängte. Der Besucher trug in der Hand einen breitrandigen Hut und über dem oberen Teil des Gesichts bis auf die Backenknochen eine schwarze Maske, die er vermutlich soeben erst aufgesetzt hatte, denn er nestelte noch beim Eintreten an ihr herum. Dem unteren Teil des Gesichts nach zu schließen, schien er ein Mann von starkem Charakter, mit einer dicken hängenden Unterlippe und einem langen kräftigen Kinn, das eine Entschlossenheit andeutete, die an Eigensinn grenzte.

"Haben Sie meinen Brief erhalten?" fragte er mit einer tiefen rauhen Stimme in stark ausgeprägtem deutschem Akzent. "Ich habe Sie wissen lassen, daß ich Sie besuchen würde."

Er sah zwischen Holmes und mir hin und her, unsicher, wen er ansprechen sollte.

"Bitte, nehmen Sie Platz", sagte Holmes. "Das ist mein Freund und Kollege Dr. Watson, der manchmal so freundlich ist, mir bei meinen Fällen zu helfen. Mit wem habe ich die Ehre?"

"Sie können mich als Grafen von Kramm anreden, einen Adligen aus Bohemia. Ich halte diesen Herrn, Ihren Freund, für einen Mann von Ehre und Diskretion, dem ich in einer Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit vertrauen kann. Anders würde ich es vorziehen, mit Ihnen allein zu tun zu haben."

Ich erhob mich, um zu gehen, aber Holmes faßte mich am Handgelenk und schob mich in den Sessel zurück.

"Entweder mit beiden oder mit keinem", sagte er. "Vor diesem Herrn können Sie alles äußern, was Sie mir sagen wollen." Der Graf zuckte die breiten Schultern.

"Dann muß ich damit beginnen", sagte er, "Sie beide auf zwei Jahre zu absolutem Stillschweigen zu verpflichten; nach Ablauf dieser Zeit wird die Angelegenheit unwichtig geworden sein. Für jetzt ist es nicht zuviel gesagt, wenn ich behaupte, sie hat ein solches Gewicht, daß sie Einfluß auf die europäische Geschichte nehmen könnte."

"Ich bin einverstanden", sagte Holmes. "Ich auch."

"Sie werden die Maske entschuldigen", fuhr unser Besucher fort. "Die erlauchte Person, die mich beauftragt hat, wünscht, daß ihr Agent Ihnen unbekannt bleibt und ich kann Ihnen auch gleich gestehen, daß der Titel, unter dem ich mich vorstellte, nicht ganz der ist, den ich trage." - "Das habe ich erwartet", sagte Holmes trocken.

"Die Umstände sind sehr delikat, und keine Vorsichtsmaßregel darf außer acht gelassen werden, damit nicht womöglich ein unerhörter Skandal entsteht, der zu einer ernstlichen Kompromittierung einer der ersten Herrscherfamilien Europas führen könnte. Um es klar zu sagen: Die Sache betrifft das berühmte Haus von Ormstein, der Erbkönige von Bohemia." "Auch das habe ich erwartet", murmelte Holmes, ließ sich in seinen Sessel nieder und schloß die Augen. Unser Besucher blickte in offensichtlichem Staunen auf die schlaff dasitzende Gestalt des Mannes, der ihm zweifellos als der schärfste Denker und tatkräftigste Agent von ganz Europa beschrieben worden war. Holmes schlug die Augen wieder auf und sah seinen hünenhaften Klienten ungeduldig an.

"Wenn Eure Majestät sich herablassen würden, Ihren Fall vorzutragen", bemerkte er, "wäre ich besser in der Lage, Rat zu erteilen." Der Mann sprang vom Stuhl und durchmaß das Zimmer in unkontrollierter Erregung. Dann, mit einer Geste der Verzweiflung, riß er sich die Maske vom Gesicht und warf sie zu Boden. "Sie haben recht", rief er, "ich bin der König! Warum sollte ich versuchen, es zu verbergen?"

"Ja, warum eigentlich?" murmelte Holmes. "Eure Majestät hatten noch kein Wort gesprochen, als mir schon bewußt war, daß ich es mit Wilhelm Gottsreich Sigismond von Ormstein, Großherzog von Cassel- Falstein und erblichem König von Bohemia zu tun habe." "Aber Sie werden wohl verstehen", sagte unser seltsamer Besucher, setzte sich wieder und strich mit der Hand über die hohe weiße Stirn, "Sie werden verstehen, daß ich nicht gewohnt bin solche Geschäfte persönlich zu erledigen. Aber dieses ist so heikel, daß ich es keinem Mittelsmann anvertrauen konnte, ohne mich in seine Macht zu begeben. Ich bin inkognito von Prag gekommen, um mich mit Ihnen zu beraten."

"Dann, bitte, beraten Sie sich", sagte Holmes und schloß wieder die Augen. "Die Tatsachen sind kurz die: Vor ungefähr fünf Jahren, während einer längeren Reise nach Warschau, lernte ich die bekannte Abenteurerin Irene Adler kennen. Der Name wird Ihnen zweifellos etwas sagen."

"Bitte, Doktor, sehen Sie in meinem Verzeichnis nach", murmelte Holmes, ohne die Augen zu öffnen. Seit vielen Jahren besaß er ein umfangreiches Dokumentationssystem für alle Artikel, die Menschen und Dinge betrafen, so daß es schwierig war, einen Gegenstand oder eine Person zu nennen, über die er sich nicht sofort zu informieren vermochte. In diesem Fall fand ich das Gewünschte zwischen der Biographie eines Rabbi und der eines Stabsoffiziers, welcher eine Monographie über Tiefseefische geschrieben hatte. "Mal sehen", sagte Holmes. "Hm! Geboren in New Jersey, 1858, Altistin - hm. La Scala, hm! Primadonna an der kaiserlichen Oper zu Warschau - ja! Von der Opernbühne zurückgezogen - ha! Lebt in London - so, so! Eure Majestät haben sich also, wie ich es verstehe, mit dieser jungen Person eingelassen, haben ihr einige kompromittierende Briefe geschrieben und sind nun begierig, diese Briefe zurückzubekommen."

"Genau so. Aber wie..."

"Gab es eine heimliche Heirat?"

"Keine."

"Gesetzliche Papiere oder Urkunden?"

"Keine."

"Dann verstehe ich Eure Majestät nicht. Wenn die junge Person die Briefe für Erpressungen oder Ähnliches verwendet, wie sollte sie ihre Echtheit beweisen können?"

"Aber es gibt da doch die Handschrift."

"Pah! pah! Fälschung."

"Und mein privates Briefpapier."

"Gestohlen." "Und mein Siegel."

"Nachgemacht." "Meine Fotografie."

"Gekauft."

"Wir sind beide auf der Fotografie." - "Oh! Das ist sehr schlimm! Eure Majestät haben wirklich eine Unbedachtsamkeit begangen."

"Ich war von Sinnen - verrückt."

"Sie haben sich ernstlich kompromittiert."

"Ich war damals noch Kronprinz. Ich war jung. Ich bin jetzt erst dreißig."

"Wir müssen das Bild zurückbekommen."

"Wir haben es versucht, es ist fehlgeschlagen."

"Eure Majestät müssen zahlen. Es muß gekauft werden."

"Sie will nicht verkaufen."

"Dann muß es gestohlen werden."

"Fünfmal ist das versucht worden. Zweimal haben Einbrecher, die ich bezahlte, ihr Haus durchsucht. Einmal haben wir ihr Gepäck auseinandergenommen, als sie auf Reisen war. Zweimal wurde ihr aufgelauert. Ohne Erfolg."

"Nicht der geringste?"

"Nichts." Holmes lachte. "Das ist wirklich ein nettes kleines Problem", sagte er. "Aber für mich ein sehr ernstes", entgegnete der König vorwurfsvoll. "In der Tat sehr ernst. Und was hat sie mit der Fotografie vor?"

"Sie will mich ruinieren."

"Aber wie?"

"Ich stehe vor der Hochzeit."

"Das hörte ich."

"Mit Clotilde Lothmann von Saxe-Meningen, der zweiten Tochter des Königs von Scandinavia. Sie werden vielleicht von den strengen Prinzipien der Familie erfahren haben. Sie selber ist die Feinfühligkeit in Person. Der Schatten eines Zweifels an meinem Vorleben würde die Verbindung enden lassen."

"Und Irene Adler?"

"Droht, ihnen die Fotografie zu schicken. Und sie wird es tun. Ich weiß, daß sie es tun wird. Sie kennen sie nicht, sie hat eine Seele von Stahl. Sie hat das schönste Frauengesicht und den entschlossensten Manneswillen. Wenn ich eine andere Frau heiraten sollte, es gäbe nichts, das sie unversucht lassen würde - nichts." "Sind Sie sicher, daß sie das Bild noch nicht abgesandt hat?"

"Ich bin sicher."

"Und warum?"

"Weil sie gesagt hat, sie würde es an dem Tage schicken, an dem meine Verlobung öffentlich verkündet wird. Das geschieht am nächsten Montag."

"Oh, dann bleiben uns drei Tage", sagte Holmes mit einem Gähnen. " Das trifft sich glücklich, weil ich momentan noch zwei, drei wichtige Sachen habe, um die ich mich kümmern muß. Eure Majestät werden doch wohl vorerst in London bleiben?"

"Gewiß. Sie können mich im ›Langham‹ erreichen, unter dem Namen des Grafen von Kramm."

"Dann werde ich Ihnen Nachricht geben, um Sie ins Bild zu setzen, wie wir vorankommen."

"Bitte, tun Sie das. Ich bin voller Unruhe."

"Und wie steht es mit dem Geld?" "Sie haben carte blanche."

"Absolut?" "Ich würde eine Provinz meines Königreiches geben, um an die Fotografie heran zu kommen."

"Und was ist mit den laufenden Ausgaben?" Der König zog einen schweren Beutel aus Sämischleder unter dem Umhang hervor und legte ihn auf den Tisch. "Hier sind dreihundert Pfund in Gold und siebenhundert in Banknoten", sagte er. Holmes kritzelte eine Quittung auf ein Blatt seines Notizbuchs und gab sie ihm. "Und die Adresse von Demoiselle?" fragte er.

"Briony Lodge, Serpentine Avenue, St. John's Wood." Hohnes schrieb es auf. "Noch eine Frage", sagte er. "Hat die Fotografie Kabinettformat?"

"Ja."

"Dann also gute Nacht, Eure Majestät. Ich bin sicher, daß wir bald einige gute Nachrichten für Sie haben werden. Und gute Nacht, Watson", fügte er hinzu, als die Räder des königlichen Brougham die Straße hinunterrollten. "Wenn Sie so gut sein wollten, morgen nachmittag um drei Uhr vorbeizukommen, würde ich mich gern über diese Kleinigkeit mit Ihnen unterhalten."

 

II. 

Punkt drei Uhr war ich in der Baker Street, aber Holmes war noch nicht zu Hause. Die Wirtin teilte mir mit, daß er die Wohnung kurz nach acht Uhr morgens verlassen habe. Ich setzte mich ans Feuer, in der festen Absicht, auf ihn zu warten, wie lange er auch ausbleiben mochte. Ich war an seinen Nachforschungen bereits höchst interessiert; denn obwohl dieser Fall sich nicht so düster ausnahm wie die beiden Verbrechen, über die ich an anderer Stelle bereits berichtete, besaß er auf seine Weise und durch die hohe Stellung des Klienten einen eigenen Charakter. Abgesehen aber von den Besonderheiten dieses Falles, In dem mein Freund gegenwärtig ermittelte, war es das meisterliche Erfassen einer Situation und die Strenge und Prägnanz seiner Schlüsse, was es mir zu einem Vergnügen machte, sein Arbeitssystem zu studieren und seinen lebendigen, einfühlsamen Methoden zu folgen, mit denen er die verzwicktesten Rätsel löste. Ich war an seinen beständigen Erfolg so gewöhnt, daß mir die Möglichkeit eines Mißerfolgs überhaupt nicht in den Kopf kommen wollte. Es war kurz vor vier Uhr, als dann die Tür aufging und ein betrunken aussehender Stallknecht mit wirrem Haar und langen Koteletten, gerötetem Gesicht und schlampiger Kleidung ins Zimmer trat. Obwohl ich die erstaunlichen Verkleidungskünste meines Freundes kannte, mußte ich dreimal hinschauen, ehe ich bestimmt wußte, daß er es war. Mit einem Kopfnicken verschwand er im Schlafzimmer, und fünf Minuten später kam er wie gewohnt in Tweedjacke ganz respektabel wieder zum Vorschein. Er steckte die Hände in die Taschen, streckte vorm Kamin die Beine aus und lachte einige Minuten lang aus vollem Herzen.

"Wirklich", rief er, dann blieb ihm die Luft weg und wieder lachte er, bis er hilflos und schlaff im Sessel lehnte.

"Was gibt's denn?"

"Es ist zu komisch. Ich bin sicher, Sie erraten nicht, wie ich meinen Morgen zugebracht habe und was ich dabei erreichte."

"Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich nehme an, daß Sie die Gewohnheiten und vielleicht das Haus von Miss Irene Adler studiert haben."

"Ganz recht. Aber was dann folgte, war ziemlich ungewöhnlich. Ich werde es Ihnen erzählen. Ich verließ das Haus nach acht Uhr in der Maske eines stellungslosen Stallknechts. Unter Pferdepflegern herrscht ein wundervolles Einvernehmen und ein fester Zusammenhalt. Ist man einer von ihnen, bekommt man alles zu erfahren, was wichtig ist. ›Briony Lodge‹ hatte ich bald gefunden. Es ist ein Schmuckstück von Villa, zweistöckig, hat hinten heraus einen Garten, die Vorderfront liegt direkt an der Straße. An der Tür ein Chubbschloß. Rechter Hand ein großer Salon, gut möbliert, hohe Fenster, die fast bis auf den Fußboden reichen und mit diesen albernen englischen Sicherungen versehen sind, die ein Kind öffnen könnte. An der Rückseite des Hauses gab es nichts Bemerkenswertes, außer daß man an das Korridorfenster vom Dach der Remise herankommt. Ich ging um das Haus herum und betrachtete es von allen Seiten, dabei fiel mir aber nichts Interessantes mehr auf. Dann schlenderte ich die Straße hinunter und fand, wie ich erwartet hatte, daß in der Gasse, die längs der einen Gartenmauer verläuft, Stallungen liegen. Ich half den Stallknechten beim Striegeln der Pferde und erhielt zum Lohn zwei Pence, ein Glas Halb-und-Halb, für zwei Pfeifen Shag und über Miss Adler so viele Auskünfte, wie ich nur wünschen konnte, ganz zu schweigen von den Informationen über ein halbes Dutzend Leute in der Nachbarschaft, an denen ich nicht im mindesten Interesse gezeigt hatte, deren Lebensläufe ich mir aber dennoch anhören mußte."

"Und was ist mit Irene Adler?" fragte ich. "Oh, sie hat allen Männern der Gegend den Kopf verdreht. Sie ist das Feinste, das auf diesem Planeten eine Haube trägt. So sagen alte Pferdeburschen von der Serpentine Avenue. Sie lebt ruhig, singt auf Konzerten, fährt jeden Tag um fünf Uhr aus und kehrt Punkt sieben Uhr zum Dinner zurück. Sonst geht sie selten fort, außer zum Singen. Hat nur einen männlichen Besucher, aber der kommt oft. Er ist dunkelhaarig, vornehm und sieht leidenschaftlich aus, versäumt an keinem Tag, einmal vorzusprechen, kommt oft zweimal. Es ist ein gewisser Mr. Godfrey Norton vom Inner Temple. Da sehen Sie die Vorzüge, wenn man Lohnkutscher zu Vertrauten hat. Sie haben den Mann dutzendemal von den Serpentineschen Stallungen nach Hause gefahren und wissen alles über ihn. Als ich erfahren hatte, was sie mir erzählen konnten, bin ich noch einmal vor ›Briony Lodge‹ auf und ab gegangen, um meinen Schlachtplan zu überdenken. Dieser Godfrey Norton ist augenscheinlich ein wichtiger Faktor in unserer Rechnung. Er ist Rechtsanwalt. Das klingt gar nicht gut. Welcherart sind die Beziehungen zwischen ihnen und was ist der Grund für seine häufigen Besuche? Ist sie seine Klientin, seine Freundin oder seine Geliebte? Ist sie ersteres, dann hat sie ihm wahrscheinlich die Fotografie zur Aufbewahrung übergeben. Ist sie letzteres, so braucht man das kaum anzunehmen. Von der Antwort auf diese Frage hing es ab, ob ich meine Arbeit bei ›Briony Lodge‹ fortsetzen oder meine Aufmerksamkeit den Zimmern des Herrn im Temple zuwenden soll. Eine kitzlige Entscheidung. Jedenfalls weitete es das Feld meiner Untersuchungen aus. Ich fürchte, daß ich Sie mit diesen Einzelheiten langweile, aber ich mußte Sie mit meinen kleinen Schwierigkeiten bekanntmachen, damit Sie die Situation verstehen."

"Ich folge Ihnen", antwortete ich. "Ich wog noch diese Fragen in meinem Hirn gegeneinander ab, als ein Hansom vor ›Briony Lodge‹ hielt und ein Herr heraussprang. Es war ein bemerkenswert vornehmer Mann - dunkelhaarig, Adlernase, mit Schnurrbart - offensichtlich der, von dem ich gehört hatte. Er war in großer Eile, rief dem Kutscher zu, er solle warten, und stürzte mit dem Gehabe des Mannes, der dort ganz zu Hause ist, an dem Dienstmädchen, das die Tür geöffnet hatte, vorüber. Er blieb eine halbe Stunde im Haus, und ich konnte ihn durch die Fenster des Salons sehen, wie er hin und her ging, aufgeregt redete und mit den Armen fuchtelte. Von ihr sah ich nichts. Als er wieder herauskam, wirkte er noch eiliger als vorher. Er trat an den Wagen und warf einen Blick auf seine goldene Uhr. ›Fahren Sie wie der Teufels‹ rief er, ›erst zu Gross und Hankey in der Regent Street und dann zur Kirche - St. Monica in der Edgware Road. Eine halbe Guinea, wenn Sie es in zwanzig Minuten schaffen.‹ Der Wagen fuhr los, und ich fragte mich noch, ob es nicht besser sei, ihm zu folgen, als ein kleiner Landauer die Seitengasse heraufkam, der Kutscher in nur halb zugeknöpftem Mantel, mit verrutschter Krawatte, und am Pferdegeschirr standen alle Schnallen offen. Er hatte noch nicht gehalten, da schoß die Dame aus der Tür und stieg ein. Ich konnte in diesem Moment nur einen Blick auf sie werfen, sah aber, daß sie eine reizvolle Frau ist, mit einem Gesicht, für das ein Mann schon sein Leben hingeben könnte. ›Zur Kirche St. Monica, John‹, rief sie, ›einen halben Sovereign, wenn Sie in zwanzig Minuten da sind.‹ Das war zu gelungen, ich hätte es nicht verpassen mögen, Watson. Ich erwog noch, ob ich hinterherlaufen oder hinten auf ihren Wägen aufspringen sollte, als eine Mietkutsche durch die Straße kam. Der Kutscher sah zweimal hin bei einem so schäbigen Fahrgast wie mir, aber ich war eingestiegen, ehe er Einwände machen konnte. ›Zur Kirche St. Monica‹, sagte ich, ›einen halben Sovereign, wenn Sie in zwanzig Minuten da sind.‹ Es war fünf nach halb zwölf, und ich hatte begriffen, was in der Luft lag. Mein Wägelchen fuhr schnell, ich glaube, ich bin nie schneller kutschiert worden, aber die anderen waren vor mir da. Ihre Wagen mit den dampfenden Pferden standen schon vorm Hauptportal, als ich ankam. Ich bezahlte den Mann und lief in die Kirche. Dort war niemand außer den zweien, denen ich gefolgt war, und einem Geistlichen im Ornat. Sie hatten einen Wortwechsel. Alle drei standen vorm Altar. Ich schlenderte durch das Seitenschiff, wie ein Müßiggänger, der einen Sprung in eine Kirche getan hat. Zu meiner Überraschung drehten sich die drei plötzlich nach mir um, und Godfrey Norton lief so schnell er konnte auf mich zu. ›Gott sei Dank‹, rief er, ›Sie kommen wie gerufen! Schnell! Schnell!‹ ›Was gibt's denn?‹ fragte ich. ›Los, Mann! Nur noch drei Minuten, sonst ist es nicht mehr gesetzlich ‹ Halb schleppte er mich zum Altar, und ehe ich noch etwas begriffen hatte, murmelte ich Antworten, die mir ins Ohr geflüstert wurden, war Zeuge in einer mir fremden Angelegenheit und half Irene Adler, Jungfrau, mit Godfrey Norton, Junggeselle, zu verbinden. Im Nu war alles vorüber, und links von mir bedankte sich der Herr, rechts die Dame, während der Geistliche in der Mitte mich anstrahlte. Es war die albernste Situation meines Lebens, und der Gedanke daran hat mich eben noch einmal zum Lachen gebracht. Anscheinend war an ihrer Trauung etwas nicht legal, und der Geistliche wollte sie partout nicht ohne einen Zeugen, welcherart immer, verheiraten, und mein glückliches Auftauchen hatte den Bräutigam davor bewahrt, die Straßen auf der Suche nach einem Trauzeugen zu durchstreifen. Die Braut gab mir einen Sovereign, und ich habe die Absicht, ihn als Souvenir an der Uhrkette zu tragen."

"Das ist eine unerwartete Wendung", sagte ich.

"Und was geschah dann?"

"Nun, ich fand meine Pläne ernstlich bedroht. Es sah aus, als wollte das Paar gleich danach verreisen, und so schienen mir prompte und energische Maßnahmen von meiner Seite notwendig. Aber an der Kirchentür trennten sie sich, er fuhr zurück zum Temple und sie zu ihrem Haus. ›Ich werde in den Park kommen, wie gewöhnlich um fünf‹, sagte sie, als sie sich von ihm trennte. Mehr hörte ich nicht. Sie fuhren in verschiedenen Richtungen davon, und ich ging, meine eigenen Vorkehrungen zu treffen." - "Die sind?"

"Ein bißchen kaltes Rindfleisch und ein Glas Bier", antwortete er und läutete. "Ich bin zu beschäftigt gewesen, um ans Essen zu denken, und ich werde heute abend noch mehr tun müssen. Übrigens, Doktor, brauche ich Ihre Mitarbeit."

"Es wird mir ein Vergnügen sein."

"Es macht Ihnen nichts aus, das Gesetz zu brechen?"

"Nicht im mindesten."

"Oder Gefahr zu laufen, verhaftet zu werden?"

"Nicht, wenn es um eine gute Sache geht."

"Oh, die Sache ist hervorragend!"

"Dann bin ich Ihr Mann."

"Ich war sicher, daß ich mich auf Sie verlassen kann."

"Aber was soll ich tun?"

"Wenn Mrs. Turner das Tablett gebracht hat, werde ich es Ihnen erklären."

"Ich bin gezwungen", sagte er, indem er sich hungrig dem einfachen Mahl zuwandte, das die Vermieterin hergerichtet hatte, "die Sache mit Ihnen durchzusprechen während ich esse, denn ich habe nicht viel Zeit. Es ist jetzt fast fünf. In zwei Stunden müssen wir am Schauplatz sein. Miss oder vielmehr Madame Irene kommt um sieben Uhr von ihrer Ausfahrt zurück. Um die Zeit müssen wir vor ›Briony Lodge‹ sein, um sie nicht zu verpassen." "Und was dann?" "Das, bitte, überlassen Sie mir. Ich habe bereits alles arrangiert. Nur auf einem bestehe ich. Sie dürfen sich nicht einmischen, gleich, was geschehen mag. Verstehen Sie mich?"

"Ich soll also neutral bleiben?"

"Sie sollen nichts, überhaupt nichts tun. Voraussichtlich wird es einige kleine Unannehmlichkeiten geben. Mischen Sie sich nicht ein. Es wird darauf hinauslaufen, daß man mich ins Haus bringt. Vier oder fünf Minuten danach wird das Fenster des Salons aufgehen. Sie haben sich nah bei dem offenen Fenster aufzuhalten."

"Gut."

"Sie müssen mich beobachten, Sie werden mich sehen können."

"Gut."

"Und wenn ich die Hand hebe - so - , dann werfen Sie in das Zimmer, was ich Ihnen zu diesem Zweck geben werde, und dabei rufen Sie ›Feuer‹. Konnten Sie mir folgen?"

"Völlig."

"Es ist nichts Schreckliches", sagte er und holte eine lange zigarrenförmige Rolle aus der Tasche. "Eine gewöhnliche Rauchrakete, an jedem Ende mit einer Kapsel versehen, woran man sie zünden kann. Damit ist Ihre Aufgabe beendet. Wenn Sie ›Feuer‹ schreien, wird der Ruf von ziemlich vielen Leuten aufgenommen werden. Sie können dann ans Ende der Straße gehen, und zehn Minuten später werde ich bei Ihnen sein. Habe ich mich klar ausgedrückt?" "Ich soll neutral bleiben, mich nah am Fenster halten, Sie beobachten und auf Ihr Signal dieses Ding werfen, dann Feuer schreien und Sie an der Straßenecke erwarten."

"Präzis."

"Sie können sich ganz auf mich verlassen."

"Das ist vorzüglich. Ich glaube, jetzt ist es Zeit, daß ich mich auf die neue Rolle vorbereite." Er verschwand im Schlafzimmer und kam nach wenigen Minuten in der Maske eines liebenswürdigen, einfältigen Nonkonformisten- Geistlichen zurück. Der breite schwarze Hut, die ausgebeulten Hosen, das weiße Beffchen, das einnehmende Lächeln - überhaupt die ganze Erscheinung war von der Art wohlmeinender Neugier, wie sie allein Mr. John Hare hervorbringen konnte. Es handelte sich nicht darum, daß Holmes nur sein Kostüm gewechselt hatte. Sein Ausdruck, seine Gebärden, ja seine Seele schienen sich mit der Annahme jeder neuen Rolle zu verändern. Die Bühne hatte einen hervorragenden Schauspieler, wie die Wissenschaft einen scharfen Denker eingebüßt, als er Spezialist für Verbrechen wurde. Viertel nach sechs verließen wir die Baker Street, und es fehlten noch zehn Minuten an der vollen Stunde, als wir die Serpentine Avenue erreichten. Es war schon neblig, die Lampen waren gerade angezündet worden, und wir schritten in Erwartung seiner Bewohnerin vor ›Briony Lodge‹ auf und ab. Das Haus sah genauso aus, wie ich es mir nach Sherlock Holmes' bündiger Beschreibung vorgestellt hatte, aber der Ort schien mir weniger einsam zu sein als erwartet. Im Gegenteil, für eine kleine Straße in ruhiger Gegend war sie merkwürdig belebt. In einer Ecke stand eine Gruppe schäbig gekleideter Männer, die rauchten und lachten, dann sah ich einen Scherenschleifer mit seinem Rad, zwei Soldaten, die mit einem Kindermädchen schäkerten, und einige gut gekleidete junge Leute, die Zigarren im Mund, auf dem Gehweg flanierten. "Sehen Sie", bemerkte Holmes, als wir vor dem Haus hin und her wanderten, "die Heirat vereinfacht das Ganze eher. Die Fotografie wird jetzt zu einer zweischneidigen Waffe. Es steht so, daß sie nun ebensoviel dagegen haben müßte, daß Godfrey Norton das Bild sieht, wie unser Klient dagegen ist, daß es der Prinzessin vor Augen kommt. Bleibt die Frage: Wo haben wir die Fotografie zu suchen?"

"Ja, wo?,"

"Es ist sehr unwahrscheinlich, daß sie das Bild mit sich herumträgt. Es hat Kabinettformat, ist also zu groß, als daß es leicht in den Kleidern einer Frau verborgen werden könnte. Sie weiß, daß es der König fertig bringt, ihr auflauern und sie durchsuchen zu lassen. Zweimal wurde das schon versucht. Wir dürfen annehmen, daß sie es nicht mit sich herumträgt."

"Wo ist es dann?"

"Bei ihrem Bankier oder bei ihrem Rechtsanwalt, diese beiden Möglichkeiten gibt es. Aber ich neige dazu, sie beide zu verwerfen. Frauen sind von Natur geheimniskrämerisch, und sie haben gern ihre Geheimnisse. Warum sollte sie das Bild jemand anderem gegeben haben? Auf die eigene Wachsamkeit kann sie sich verlassen, aber sie weiß nicht, welch ein indirekter oder politischer Einfluß auf einen Geschäftsmann ausgeübt werden kann. Außerdem, erinnern Sie sich, war sie entschlossen, es in wenigen Tagen gegen unseren Klienten zu gebrauchen. Es muß irgendwo sein, wo sie es leicht erreicht. Es muß sich in ihrem Haus befinden."

"Aber das ist zweimal durchsucht worden."

"Pah! Die Leute wußten nicht, wie man sucht."

"Und wie wollen Sie suchen?"

"Ich werde nicht suchen."

"Was dann?"

"Ich werde sie dazu bringen, mir das Bild zu zeigen."

"Aber sie wird sich weigern."

"Das wird sie nicht können. Aber ich höre Räderrumpeln. Das ist ihr Wagen. Befolgen Sie jetzt meine Anordnungen aufs I-Tüpfelchen." Während er sprach, bogen die Seitenlichter eines Wagens um die Straßehecke. Sie gehörten zu einem schmucken kleinen Landauer, der vor die Tür von ›Briony Lodge‹ ratterte. Er hielt und einer von den an der Ecke lungernden Männern sprang hinzu, die Tür zu öffnen, in der Hoffnung, ein paar Münzen zu verdienen, aber er wurde von einem anderen Lungerer, der in gleicher Absicht herbeieilte, beiseite gestoßen. Ein wilder Streit brach los, den die beiden Soldaten, die für den ersten Bummler Partei ergriffen, und der Scherenschleifer, der sich genauso heiß für die andere Seite einsetzte, noch verschlimmerten. Der erste Schlag fiel, und im Nu befand sich die aus dem Wagen gestiegene Dame inmitten eines kleinen Knäuels erhitzter kämpfender Männer, die mit Fäusten und Stöcken wüst aufeinander einhieben. Holmes warf sich hinein, um die Dame zu beschützen, aber gerade als er sie erreicht hatte, schrie er auf und fiel zu Boden und Blut rann ihm in Strömen übers Gesicht. In dem Moment nahmen die Soldaten die Beine in die Hand und flohen in die eine und die Lungerer in die andere Richtung, während eine Anzahl besser gekleideter Leute, die der Rauferei ohne sich einzumischen zugesehen hatten, herandrängte, um der Dame zu helfen und dem Verwundeten beizustehen. Irene Adler, wie ich sie weiter nennen will, lief die Vortreppe hinauf, aber oben auf dem Absatz blieb sie stehen, ihre herrliche Gestalt zeichnete sich ab gegen die Lichter der Halle. Sie blickte zurück auf die Straße.

"Ist der arme Herr sehr verletzt?" fragte sie.

"Er ist tot!" schrien verschiedene Stimmen. "Nein, nein", rief einer, "es ist noch Leben in ihm, aber er wird sterben, ehe er das Hospital erreicht."

"Er ist ein tapferer Mann", sagte eine Frau. "Wenn er nicht gewesen wäre, hätten sie die Tasche und die Uhr der Dame erbeutet. Das war eine Bande, und brutal noch dazu. Ah, jetzt atmet er." "Er kann nicht auf der Straße liegen. Dürfen wir ihn hineinbringen, Madam?"

"Gewiß. Tragen Sie ihn in den Salon. Da steht eine bequeme Couch. Bitte, hier hinein." Langsam und feierlich wurde Holmes ins Haus getragen und in das große Zimmer gelegt; ich konnte die Vorgänge von meinem Posten am Fenster verfolgen. Die Lampen wurden angezündet, aber die Jalousie blieb oben, so daß ich Holmes auf der Couch sah. Ich weiß nicht, ob ihn Gewissensbisse plagten, weil er eine solche Rolle spielte, aber ich weiß, daß ich mich nie mehr geschämt habe als in diesem Augenblick, da ich die Anmut und Freundlichkeit erblickte, mit der das herrliche Geschöpf, gegen das ich mit im Komplott war, den verletzten Mann pflegte. Und doch wäre es schwärzester Verrat an Holmes gewesen, hätte ich, mich jetzt aus der Rolle gestohlen, die er mir anvertraut hatte. Ich verhärtete mein Herz und zog die Rauchrakete aus dem Ulster. Schließlich, dachte ich, verletzen wir sie ja nicht. Wir hinderten sie nur, jemanden anders zu verletzen. Holmes hatte sich aufgesetzt, und ich sah, wie er sich bewegte, als ob er nach Luft ränge. Ein Dienstmädchen lief durch den Raum und stieß das Fenster auf. Im selben Moment sah ich ihn die Hand heben und auf das Signal hin warf ich die Rakete ins Zimmer und schrie "Feuer!". Das Wort war kaum aus dem Mund, als die, ganze Zuschauermenge, ob gut oder schlecht gekleidete Leute, Herren oder Pferdeknechte und Dienstboten, in einen allgemeinen Schrei "Feuer!" einstimmte. Dicke Rauchwolken füllten das Zimmer und wälzten sich zum Fenster hinaus; ich sah die Umrisse eilender Gestalten und hörte einen Augenblick später Holmes' Stimme aus dem Hausinnern, die allen versicherte, es sei ein falscher Alarm. Ich schlüpfte durch die schreiende Menge und ging zur Straßenecke und zehn Minuten später fühlte ich zu meiner Freude den Arm des Freundes in dem meinen und konnte mich von der Szene des Aufruhrs hinweg begeben. Er ging einige Minuten schnell und schweigend neben mir her, bis wir in eine der ruhigen Straßen eingebogen waren, die zur Edgeware Road führte. "Das haben Sie sehr gut gemacht, Doktor", bemerkte er. "Es hätte nicht besser gehen können. Alles ist in Ordnung."

"Sie haben die Fotografie!"

"Ich weiß, wo sie ist."

"Und wie haben Sie das herausbekommen?"

"Sie hat es mir gezeigt. Ich sagte Ihnen doch, daß sie es tun würde."

"Ich tappe noch im Dunkeln."

"Ich möchte kein Geheimnis daraus machen", sagte er lachend. "Die Sache war ganz einfach. Sie haben natürlich gesehen, daß alle auf der Straße zum Komplott gehörten. Sie waren für den Abend engagiert." "Soviel habe ich angenommen."

"Als der Tumult ausbrach, hatte ich ein bißchen flüssige rote Farbe in der Hand. Ich stürzte vor, fiel, schlug die Hand vors Gesicht und wurde so Gegenstand des Mitleids. Das ist ein alter Trick."

"Auch das konnte ich ahnen."

"Dann trug man mich hinein. Sie war verpflichtet, mich aufzunehmen. Was sollte sie sonst tun? Und geradewegs in ihren Salon, in den Raum, auf den ich es abgesehen hatte. Das Bild mußte entweder hier sein oder in ihrem Schlafzimmer; ich war entschlossen, es herauszubekommen. Man legte mich auf eine Couch, ich schnappte nach Luft, wodurch man veranlaßt wurde, das Fenster zu öffnen. Und da war die Gelegenheit für Sie."

"Wie konnte Ihnen das helfen?"

"Es war das Allerwichtigste! Wenn eine Frau denkt, ihr Haus steht in Flammen, trägt ihr Instinkt sie sofort zu dem Gegenstand, den sie am meisten schätzt. Das ist ein ganz überwältigender Impuls und er war für mich mehr als einmal von Vorteil. Im Fall des Unterschiebungsskandals von Darlington war er mir nützlich, auch in der Angelegenheit von Arnsworth Castle. Eine Mutter packt ihr Kind, eine unverheiratete Frau ergreift ihr Schmuckkästchen. Nun war mir klar, daß unsere Dame nichts Wertvolleres im Haus hatte als das, wonach wir suchen. Sie würde also hinstürzen, um es in Sicherheit zu bringen. Der Feueralarm war bewundernswert gelungen. Der Rauch und das Geschrei hätten ausgereicht, um Nerven von Stahl zu erschüttern. Sie reagierte herrlich. Die Fotografie befindet sich in einem Gelaß hinter einem beweglichen Paneel gerade über dem Klingelzug. Im Nu war sie dort, und ich konnte einen Blick auf das Bild werfen, wie sie es halb herauszog. Als ich ihr zurief, es sei ein falscher Alarm, schob sie es zurück, besah sich die Rakete, lief aus dem Zimmer, und seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen. Ich erhob mich, entschuldigte mich und entwich aus dem Haus. Ich zögerte, ob ich versuchen sollte, die Fotografie sofort sicherzustellen, aber der Kutscher war hereingekommen, und da er mich musternd ansah, schien es mir geraten, zu warten. Eine kleine Übereiltheit kann alles verderben."

"Und jetzt?" fragte ich. "Unser Auftrag ist faktisch beendet. Ich werde morgen zusammen mit dem König bei ihr vorsprechen und mit Ihnen, wenn Ihnen daran liegt. Man wird uns in den Salon führen, damit wir dort, auf die Dame warten, aber es ist wahrscheinlich, daß sie, wenn sie kommt, weder uns noch die Fotografie vorfinden wird. Es könnte eine Genugtuung für Seine Majestät sein, das Bild persönlich wiederzuerlangen."

"Und wann werden wir vorsprechen?"

"Um acht Uhr morgens. Sie wird noch nicht auf sein, so daß wir freie Bahn haben. Wir müssen auch deshalb schnell sein, weil die Heirat vielleicht ihr Leben und ihre Gewohnheiten verändert hat. Jetzt muß ich ohne Verzögerung dem König telegraphieren." Wir waren in der Baker Street angekommen und standen vor der Haustür. Holmes suchte noch in seinen Taschen nach dem Schlüssel, als jemand vorüberkam und sagte: "Gute Nacht, Mr. Sherlock Holmes." Zu dieser Zeit waren verschiedene Leute auf der Straße, aber der Gruß schien von einem schlanken, jungen Mann gekommen zu sein, der einen Ulster trug und schnell weitergegangen war. "Ich habe die Stimme schon einmal gehört", sagte Holmes und starrte die schlechtbeleuchtete Straße hinunter. "Ich frage mich, wer das, verflixt noch mal, gewesen sein kann?"

 

III. 

In dieser Nacht schlief ich in der Baker Street, und wir saßen noch bei Toast und Kaffee, als der König von Bohemia ins Zimmer stürzte. "Sie haben das Bild wirklich?" rief er, packte Sherlock Holmes an den Schultern und sah ihm erwartungsvoll ins Gesicht. "Noch nicht ganz."

"Aber Sie haben Hoffnung?"

"Ich habe Hoffnung."

"Dann kommen Sie, ich vergehe vor Ungeduld."

"Wir brauchen eine Droschke."

"Nein, mein Brougham wartet."

"Das vereinfacht die Sache." Wir gingen hinunter und fuhren noch einmal nach ›Briony Lodge‹

"Irene Adler ist verheiratet", bemerkte Holmes. "Verheiratet! Seit wann?"

"Seit gestern."

"Aber mit wem?"

"Mit einem englischen Rechtsanwalt namens Norton."

"Aber sie kann ihn doch nicht lieben."

"Ich hoffe doch, daß sie ihn liebt."

"Warum hoffen Sie das?"

"Weil es Eurer Majestät alle Furcht vor zukünftiger Belästigung nehmen würde. Wenn die Dame ihren Gatten liebt, liebt sie Eure Majestät nicht, und dann gibt es keinen Grund, aus dem sie sich in Eurer Majestät Pläne einmischen sollte."

"Das ist wahr, und doch.. ! Ja, wirklich, ich wünschte, sie wäre mir ebenbürtig! Was für eine Königin hätte sie abgegeben!" Er verfiel in ein schwermütiges Schweigen, das er beibehielt, bis wir in der Serpentine Avenue vorfuhren. Die Tür von ›Briony Lodge‹ war offen, und eine ältere Frau stand auf den Stufen. Sie beobachtete uns mit hämischen Blicken, als wir aus dem Brougham stiegen. "Mr. Sherlock Holmes?" fragte sie. "Ich bin Mr. Holmes", antwortete mein Gefährte und sah sie fragend und ziemlich erstaunt an. "Tatsächlich! Meine Herrin hat mir gesagt, daß Sie wahrscheinlich kommen würden. Sie ist heute morgen mit ihrem Gatten nach dem Kontinent abgereist, mit dem Zug fünf Uhr fünfzehn von Charing Cross."

"Was!" Sherlock Holmes taumelte zurück, blaß vor ,Ärger und Überraschung. "Heißt das, sie hat England verlassen?" "Um nie zurückzukehren."

"Und die Fotografie?" fragte der König heiser. "Alles ist verloren!"

"Wir werden sehen." Holmes schob sich an der Dienerin vorbei und stürzte in den Salon, gefolgt vom König und mir. Die Möbel waren in wüster Unordnung, die Regale leer, die Schubladen standen offen, als ob die Dame sie vor ihrer Flucht in aller Eile geplündert hätte. Holmes schoß auf den Klingelzug zu, schob eine kleine Klappe auf, steckte die Hand in eine Höhlung und zog eine Fotografie und einen Brief hervor. Das Bild zeigte Irene Adler im Abendkleid, auf dem Brief stand: ›An Mr. Sherlock Holmes, Esq.; persönlich auszuhändigen. Mein Freund riß den Brief auf, und wir drei lasen ihn. Er trug das Datum von zwölf Uhr der vergangenen Nacht und hatte folgenden Wortlaut: ›Mein lieber Mr. Sherlock Holmes. Das haben Sie wirklich sehr gut gemacht. Sie haben mich völlig überzeugt. Bis nach dem Feueralarm hegte ich keinen Verdacht. Aber dann, als ich dahintergekommen war, wie ich mich getäuscht hatte, begann ich nachzudenken. Man hatte mich vor Monaten schon vor Ihnen gewarnt. Man hatte mir erzählt, wenn der König einen Agenten anstellt, dann wären Sie es mit Sicherheit. Und man hatte mir Ihre Adresse gegeben. Und dennoch haben Sie mich dazu gebracht, zu entdecken, was Sie wissen wollten. Sogar noch nachdem ich Verdacht geschöpft hatte, war es mir kaum möglich, von einem so liebenswürdigen alten Geistlichen Schlechtes zu denken. Aber wie Sie wissen, habe auch ich eine Schauspielausbildung genossen. Männliche Verkleidung bedeutet für mich nichts Neues. Ich habe mich oft der Freiheit, die sie verleiht, bedient. Ich beauftragte John, den Kutscher, Sie zu beobachten, lief die Treppe hinauf, warf mich in meinen, wie ich es nenne, Straßenanzug, und kam zurück, als Sie gerade weggingen. Nun, ich bin Ihnen bis zu Ihrer Haustür gefolgt und wußte nun sicher, daß ich wirklich Gegenstand des Interesses des berühmten Sherlock Holmes war. Dann wünschte ich Ihnen ziemlich unvorsichtig eine gute Nacht und ging weiter zum Temple, um meinen Gatten zu treffen. Wir beide fanden, die beste Lösung sei Flucht, da wir ja von einem so schrecklichen Gegenspieler verfolgt werden, darum finden Sie das Nest leer, wenn Sie morgen vorsprechen. Was die Fotografie angeht, so mag Ihr Klient ruhig schlafen. Ich liebe einen besseren Mann als ihn und werde geliebt. Der König mag tun, was er will, ohne daran von jemandem, dem er grausam Unrecht getan hat, gehindert zu werden. Ich behalte das Bild nur, um mich zu sichern und eine Waffe zu haben, die mich immer schützen wird vor allen Schritten, die er in Zukunft unternehmen mag. Ich hinterlasse eine Fotografie, an deren Besitz ihm vielleicht liegt, und verbleibe, lieber Mr. Sherlock Holmes, als Ihre aufrichtige Irene Norton, née Adler ‹ "Was für eine Frau, oh was für eine Frau!" rief der König von Bohemia, nachdem wir drei die Epistel gelesen hatten. "Habe ich Ihnen nicht erzählt, wie rasch und energisch sie ist? Würde sie nicht eine bewundernswürdige Königin abgegeben haben? Ist es nicht ein Jammer, daß sie nicht meines Ranges ist?" "Nach dem, was ich von der Dame erlebt habe, scheint sie wirklich von einem ganz anderen Rang als Eure Majestät zu sein", sagte Sherlock Holmes kühl. "Es tut mir leid, daß ich die Sache Eurer Majestät nicht zu einem erfolgreicheren Schluß habe bringen können."

"Im Gegenteil, mein lieber Herr", rief der König! "Es hätte nicht erfolgreicher ausgehen können. Ich weiß, daß ihr Wort unerschütterlich ist. Die Fotografie ist jetzt so sicher, als wäre sie im Feuer."

"Ich bin froh, Eure Majestät so reden zu hören."

"Ich stehe zutiefst in Ihrer Schuld. Bitte, sagen Sie mir, auf welche Weise ich Sie belohnen kann. Dieser Ring. Er zog einen Schlangenring mit einem Smaragd vom Finger und hielt ihn auf der ausgestreckten Hand hin. "Eure Majestät besitzen etwas, das ich sogar noch höher schätze", sagte Holmes. "Sie brauchen es nur zu nennen."

"Diese Fotografie!" Der König starrte ihn höchst erstaunt an. "Fotografie!" rief er. "Gewiß, wenn Sie wünschen". "Ich danke Eurer Majestät. Dann gibt es in der Sache wohl nichts mehr zu tun. Ich habe die Ehre, Ihnen einen sehr schönen guten Morgen zu wünschen." Er verbeugte sich und wandte sich um, ohne die Hand zu beachten, die der König ihm hinstreckte, und machte sich in meiner Begleitung auf den Weg zu seiner Wohnung. So also war das, als ein großer Skandal das Königreich Bohemia bedrohte und die besten Pläne des Mr. Sherlock Holmes durch den Scharfsinn einer Frau vereitelt wurden. Er hatte sich immer über die Schläue der Frauen lustig gemacht, aber seitdem habe ich dergleichen nicht mehr von ihm gehört. Und wenn er Irene Adler erwähnt oder sich auf ihre Fotografie bezieht, dann geschieht es stets unter dem ehrenvollen Titel: die Frau.

 

Весь список рассказов сборника «Приключения Шерлока Холмса», а также много других повестей, рассказов, романов и т.д. можно читать онлайн в разделе «Книги на немецком языке».

 

французский

испанский

португальский

польский

чешский

словацкий

венгерский

румынский

болгарский

словенский

сербский

хорватский

македонский

иврит

турецкий

арабский

фарси

урду

пушту

молдавский

украинский

белорусский

русский

грузинский

армянский

азербайджанский

узбекский

казахский

киргизский

монгольский

Изучение иностранных языков - новое

Уроки иностранных языков онлайн

Как Вы узнали о наших курсах иностранных языков?