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Книга «Волшебник Изумрудного Города» (Der Zauberer der Smaragdenstadt) на немецком языке

Сказка «Волшебник Изумрудного Города» (Der Zauberer der Smaragdenstadt) на немецком языке – читать онлайн, автор – А. Волков. Книга «Волшебник Изумрудного Города» является вариацией сказки американского писателя Ф.М. Баума «Удивительный волшебник из страны Оз».  Книга была переведена на многие языки мира, в том числе и на немецкий.

Другие сказки этого писателя, переведённые на немецкий язык, а также много разных других сказок можно читать онлайн в разделе «Сказки на немецком языке». Детям понравится раздел «Мультфильмы на немецком языке», где много мультфильмов на основе сказок братьев Гримм.

Немецкую литературу других жанров вы найдёте в разделе «Книги на немецком», а для любителей фильмов создан раздел «Фильмы на немецком языке».

Для тех, кто хочет учить немецкий язык с опытным преподавателем, есть информация на странице «Немецкий по скайпу».

 

Теперь возвращаемся к чтению сказки «Волшебник Изумрудного Города» (Der Zauberer der Smaragdenstadt) на немецком языке. На этой странице выложены первые несколько глав сказки, а в конце страницы будет ссылка на продолжение книги «Волшебник Изумрудного Города».

 

Der Zauberer der Smaragdenstadt

 

Der sturm

 

In der weiten Steppe von Kansas lebte ein kleines Mädchen namens Elli Ihr Vater, der Farmer John, arbeitete den ganzen lieben Tag auf dem Felde, Mutter Anna führte die Wirtschaft.

Sie wohnten in einem kleinen Packwagen, dem man die Räder abgenommen hatte. Die Einrichtung ihres Häuschens war armselig: ein Blechofen, ein Schrank, ein Tisch, drei Stühle und zwei Betten. Vor der Tür befand sich ein „Sturmkeller", in dem die Familie bei Gewitter Zuflucht suchte.

Die Gewitter der Steppe hatten das leichte Häuschen von Farmer John schon viele Male umgeworfen. Doch er verzagt niemals. War der Sturm vorbei, richtete er das Häuschen wieder auf, stellte Ofen und Bett auf ihren Platz, und Elli las die Zinnteller und Tassen vom Boden auf. Dann war wieder alles in Ordnung, bis das nächste Gewitter kam.

Ringsum dehnte sich bis an den Horizont die Steppe. Da und dort waren ebensolche ärmliche Häuschen zu sehen wie das von Farmer John. Äcker umgaben sie, auf denen die Leute Weizen und Mais anbauten.

Elli kannte alle Nachbarn drei Meilen weit im Umkreis. Im Westen lebte Onkel Robert mit seinen Söhnen Bob und Dick. Im Norden stand das Häuschen des alten Rolf, der wunderschöne Windmühlen für die Kinder bastelte.

Die weite Steppe kam Elli nicht öde vor, denn sie war dort geboren und kannte überhaupt keinen anderen Ort. Berge und Wälder hatte Elli nur auf Bildern gesehen, und sie lockten sie gar nicht. Wohl deshalb, weil sie in ihren billigen Büchern schlecht gezeichnet waren.

War's ihr langweilig, rief sie das lustige Hündchen Totoschka und machte sich mit ihm zu Dick und Bob auf, oder sie ging zum alten Rolf, von dem sie stets mit einem Spielzeug heimkehrte, das er selber gefertigt hatte.

Totoschka sprang bellend vor dem Mädchen einher, jagte den Krähen nach und war sehr zufrieden mit sich und seiner kleinen Herrin. Das Hündchen hatte ein schwarzes Fell, spitze Ohren und kleine, lustige Äuglein. Ihm war es nie langweilig, es konnte den ganzen Tag mit dem Mädchen spielen.

Elli hatte viele Sorgen. Sie mußte der Mutter in der Wirtschaft helfen und beim Vater lesen, schreiben und rechnen lernen; denn die Schule war weit entfernt, und Elli war noch zu klein, um jeden Tag hinzugehen.

An einem Sommerabend saß sie auf der Treppe des Häuschens und las laut in einem Märchenbuch, während Mutter Anna Wäsche wusch.

„Und da sah der mächtige Riese Arnaulf den Zauberer, der so hoch wie ein Turm war", las Elli in singendem Tonfall, während ihr Finger die Zeilen entlangglitt. „Flammen schossen aus dem Mund und der Nase des Zauberers."

„Mutti, gibt es jetzt Zauberer?" fragte Elli aufblickend.

„Nein, mein Kind. Zauberer gab es einst, doch dann verschwanden sie. Ich wußte nicht, wer sie braucht. Auch ohne sie gibt es Sorgen genug..."

Elli rümpfte drollig die Nase:

„Ja, aber ohne Zauberer ist es doch langweilig. Wenn ich Königin wäre, würde ich unbedingt Befehl geben, daß jede Stadt und jedes Dorf einen Zauberer hat. Und daß er für die Kinder allerlei Wunder tut."

„Welche zum Beispiel?" lächelte die Mutter.

„Nun . . . daß jedes Mädelchen und jeder Junge, wenn sie morgens aufwachen, einen großen Pfefferkuchen unterm Kissen finden . . . Oder..." Elli schaute mißmutig auf ihre derben, ausgetretenen Schuhe, „. . . daß alle Kinder schöne leichte Schuhe haben..."

„Schuhe bekommst du auch ohne Zauberer", entgegnete Mutter Anna. „Vater nimmt dich auf den Markt mit und kauft dir welche..."

Während das Mädchen mit der Mutter sprach, verdunkelte sich der Himmel.

* * *

Zur gleichen Stunde saß in einem fernen Lande hinter hohen Bergen die böse Hexe Gingema in einer tiefen, finsteren Höhle und zauberte.

Es war unheimlich in dieser Höhle. Unter der Decke hing ein riesiges ausgestopftes Krokodil. Auf hohen Stäben saßen große Uhus, und von der Decke hingen Bündel getrockneter Mäuse herab, mit den Schwänzen an Schnürchen festgebunden wie Zwiebeln.

Eine lange dicke Schlange, die sich um einen Pfeiler gewunden hatte, schaukelte gleichmäßig ihren bunten flachen Kopf. Diese und viele andere seltsame und grausige Dinge gab es in der weiten Höhle Gingemas.

Sie braute in einem großen verräucherten Kessel einen Zaubertrank, in den sie Mäuse hineinwarf, die sie, eine nach der andern, von dem Bündel pflückte.

„Wo hab ich nur die Schlangenköpfe hingetan?" brummte Gingema böse vor sich hin. „Ich habe sie doch nicht alle beim Frühstück aufgegessen. Oh, da sind sie ja, im grünen Topf. Das wird ein prächtiger Trank! . . . Jetzt will ich's den verfluchten Menschen heimzahlen!

Wie ich sie hasse! . . . Sie haben sich über die Welt verbreitet, die Sümpfe trockengelegt und die finsteren Wälder abgeholzt! . . . Alle Frösche haben sie ausgerottet! . . . Sie vernichten die Schlangen! Keinen Leckerbissen haben sie auf der Erde gelassen! Soll ich mich jetzt nur noch mit Würmern und Spinnen laben? . . ."

Gingema schüttelte drohend ihre knochige Faust und warf Schlangenköpfe in den Kessel.

„Uh, diese verhaßten Menschen! So, nun ist der Trank fertig. Auf daß ihr an ihm verrecket!

Ich werde Wald und Feld damit besprengen, und ein Sturm wird ausbrechen, wie ihn die Welt noch nicht erlebt hat!"

Gingema faßte den Kessel an den Henkeln und trug ihn keuchend aus der Höhle. Dann tauchte sie einen großen Besen ein und begann das Gebräu um sich zu verspritzen.

„Entlade dich, Sturm! Brause durch die Welt wie ein reißendes Tier. Zerbreche, zermalme, zerschmettre! Stürze die Häuser um, heb sie in die Luft! Sussaka, massaka, lema, rema, gema! . . . Burido, furido, sema, pema, fema! . . ."

Sie stieß die Zauberworte hervor und fuchtelte mit dem zerzausten Besen. Der Himmel verfinsterte sich, Wolken zogen herauf, der Wind heulte, Blitze zuckten in der Ferne...

„Zerschmettre, zerbrech, zermalm!" gellte die Hexe. ,,Sussaka, massaka, burido, furido!

Vernichte, Sturm, die Menschen, die Tiere, die Vögel. Nur die Frösche, die Mäuse, die Schlangen, die Spinnen verschon! Sie sollen sich über die ganze Welt verbreiten, damit ich, die mächtige Zauberin Gingema, mein Vergnügen daran hab. Burido, furido, sussaka, massaka!"

Immer stärker blies der Wind, Blitze zuckten, ohrenbetäubend krachte der Donner.

Wie besessen drehte sich Gingema im Kreise, und die Schöße ihres langen schwarzen Mantels wallten im Winde.

* * *

Durch die Hexenkunst ausgelöst, wälzte sich der Sturm nach Kansas und kam dem Häuschen Johns immer näher. Am Horizont verdichteten sich die Wolken, Blitze durchzuckten sie. Totoschka lief mit gerecktem Kopf unruhig umher und bellte herausfordernd die Wolken an, die schnell am Himmel dahinsegelten.

,,Totoschka, bist du aber komisch!" sagte Elli. „Du willst die Wolken erschrecken und hast doch selber Angst!"

Das Hündchen hatte wirklich große Angst vor den Gewittern, die es in seinem kurzen Leben schon sooft gesehen hatte.

Mutter Anna sagte unruhig:

„Da stehe ich und schwatze mit dir, Töchterchen, und dabei zieht ein schweres Gewitter auf..."

Schon heulte drohend der Wind. Der Weizen auf dem Feld hatte sich zur Erde geneigt und wogte wie ein Meer.

Farmer John kam aufgeregt vom Feld gelaufen.

„Ein Sturm, ein schrecklicher Sturm naht", schrie er, „lauft schnell in den Keller, ich will noch rasch das Vieh in den Stall treiben."

Mutter Anna lief auf den Keller zu und warf den Deckel zurück.

,,Elli, Elli! Komm her, schnell!" rief sie.

Totoschka war vom Heulen des Windes und dem unaufhörlichen Krachen des Donners so entsetzt, daß er in das Häuschen flüchtete und sich unterm Bett verkroch. Elli, die ihren Liebling nicht allein lassen wollte, stürzte ihm nach.

In diesem Augenblick geschah etwas Unbegreifliches:

Das Häuschen drehte sich zwei-, dreimal im Kreise wie ein Karussell und wurde von einem Wirbelwind erf aßt, der es emporhob und forttrug.

In der Tür stand, starr vor Schreck, Elli mit Totoschka im Arm. Was sollte sie tun? Hinausspringen? Dazu war es zu spät, denn das Häuschen flog bereits hoch über der Erde...

Mit wirrem Haar stand Mutter Anna vor dem Keller, streckte die Arme aus und schrie verzweifelt. Aus dem Stall stürzte, von Entsetzen gepackt, Farmer John. Er lief auf die Stelle zu, wo das Häuschen gestanden hatte . . . Die Eltern starrten lange in den finsteren Himmel, den Blitze immer wieder erhellten . . .

Der Sturm tobte weiter, und das Häuschen flog, hin und her schaukelnd, durch die Luft. Aufgeregt über das Treiben, lief Totoschka ängstlich kläffend im dunklen Zimmer umher. Elli saß ratlos auf dem Fußboden und preßte die Hände gegen den Kopf. Sie fühlte sich einsam und verlassen. Der Wind heulte entsetzlich. Es schien, als würde das Häuschen im nächsten Augenblick zur Erde stürzen und zerschellen. Doch die Zeit verrann, und das Häuschen flog immerfort weiter. Elli kroch aufs Bett und legte sich hin, Totoschka an sich drückend. Unterm Geheul des Windes, der das Häuschen gleichmäßig schaukelte, schlief

Elli fest ein.

 

Der gelbe backsteinweg

 

Elli im wunderland der käuer

 

Elli wurde vom Hündchen geweckt, das ihr mit seiner warmen feuchten Zunge das Gesicht leckte und winselte. Zuerst war ihr, als habe sie einen seltsamen Traum gehabt, den sie sogleich der Mutter erzählen wollte. Als sie aber die umgeworfenen Stühle und den Ofen in der Ecke liegen sah, da wußte sie, daß es kein Traum gewesen war.

Das Mädchen sprang aus dem Bett. Das Haus stand unbeweglich da, und die Sonne schien hell zum Fenster herein. Elli lief zur Tür, öffnete sie und schrie auf vor Verwunderung.

Der Sturm hatte das Häuschen in ein ungewöhnlich schönes Land getragen. Ringsum lag eine grüne Wiese, an deren Rand Bäume mit saftigen Früchten standen. Da und dort waren Beete mit rosaroten, weißen und blauen Blumen zu sehen. In der Luft schwirrten kleine Vögel mit herrlichem Gefieder. Auf den Zweigen saßen goldgrüne und rotbäuchige

Papageien, die mit hohen, wunderlichen Stimmen schrien. Unweit rauschte ein kristallklarer Bach, in dem sich silbrige Fischlein tummelten.

Während das Mädchen unschlüssig an der Schwelle stand, tauchten hinter den Bäumchen Menschlein auf, wie man sie sich lieblicher und drolliger kaum vorstellen kann. Die Männchen hatten blaue Samtgewänder und enge Beinkleider an und waren nicht größer als Elli. Ihre Füße staken in hellblauen glänzenden Stiefeln mit Schaftstulpen. Am meisten gefielen Elli aber die spitzen Hüte, die oben mit einer Kristallkugel geschmückt waren und an deren breiten Krempen kleine Schellen klingelten.

Eine alte Frau in weißem Umhang schritt den drei Männlein würdevoll voran. Hut und Gewand funkelten von winzigen Sternchen, und die grauen Haare hingen ihr über die Schultern.

Hinter den Obstbäumen waren unzählige kleine Männer und Frauen zu sehen. Sie raunten einander etwas zu und tauschten Blicke, zauderten aber, sich dem Häuschen zu nähern.

Die vier kleinen Gestalten lächelten freundlich und scheu, als sie vor das Mädchen traten. Allein die Alte verbarg ihr Erstaunen nicht. Die Männlein nahmen alle gleichzeitig ihre Hüte ab. „Klingling, klingling", tönten die Schellen. Elli gewahrte, daß sich die Kiefern der Männlein in einem fort bewegten, als ob sie etwas kauten.

Die Alte sprach sie an:

„Sag, liebes Kind, wie bist du in das Land der Käuer gekommen?"

„Der Wind hat mich mit diesem Häuschen hergebracht", erwiderte Elli schüchtern.

„Merkwürdig, sehr merkwürdig!" Die Alte schüttelte den Kopf. „Ich will dir sagen, warum ich mich so wundere. Ich hörte nämlich, daß die böse Hexe Gingema in ihrem Wahnsinn das Menschengeschlecht vernichten und die Erde mit Ratten und Schlangen bevölkern wollte. Ich mußte meine ganze Zauberkunst aufbieten..."

„Wieso, gnädige Frau!" rief Elli erschauernd. „Ihr seid eine Zauberin? Aber Mutter hat doch gesagt, daß es keine Zauberer mehr gibt?!"

„Wo lebt deine Mutter denn?"

„In Kansas."

„Ich hab diesen Namen noch nie gehört", erwiderte die Zauberin. „Aber, was deine Mutter auch sagen mag, hier, in diesem Lande, leben Zauberer und weise Männer. Früher gab es hier vier Zauberinnen. Zwei von uns, die Zauberin des Gelben Landes, Willina (das bin ich), und die des Rosa Landes, Stella, sind gütig. Die Zauberin des Blauen Landes, Gingema, und die des Violetten Landes, Bastinda, sind böse Hexen. Gingema ist von deinem Häuschen zerdrückt worden, und jetzt gibt es nur noch eine böse Zauberin in unserem Land."

Elli traute ihren Ohren nicht. Wie sollte sie, ein kleines Mädchen, das in seinem Leben nicht einmal einen Spatz getötet hatte, eine böse Hexe vernichtet haben?!

„Sie irren sich, ich habe niemanden getötet", sagte sie.

„Ich beschuldige dich ja gar nicht", erwiderte ruhig die Zauberin. „Um die Menschen zu retten, nahm ich dem Sturm seine verheerende Kraft und gestattete ihm nur, ein einziges Häuschen zu erfassen und die tückische Gingema damit zu erschlagen. Ich hatte in meinem Zauberbuch gelesen, daß dieses Häuschen bei Gewitter immer leer steht..."

Elli sagte verwirrt:

„Das stimmt, gnädige Frau. Wenn ein Gewitter ausbricht, verstecken wir uns im Keller.

Damals aber lief ich meinem Hündchen ins Haus nach..."

„Eine so unüberlegte Handlung konnte mein Zauberbuch natürlich nicht voraussehen", meinte Willina betrübt. „Also ist dieses kleine Tier an allem schuld..."

,,Totoschka, wauwau, wenn Sie gestatten, Madame", mischte sich plötzlich das Hündchen ein. „Ja, es tut mir leid, daß ich an allem schuld bin..."

,,Totoschka, du sprichst ja?" rief Elli fassungslos.

„Ich weiß nicht, was mit mir los ist, Elli, aber, wauwau, mir kommen menschliche Worte in den Mund..."

„Ich will dir's erklären, Elli", sagte Willina. „In diesem Wunderland sprechen nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere, sogar die Vögel. Schau dich um, gefällt dir unser Land?"

„Ja, Frau Zauberin", erwiderte Elli. „Bei uns ist es aber schöner. Wenn Sie unsere Haustiere sehen würden, unsere buntscheckige Kuh! Nein, Frau Zauberin, ich möchte nicht hierbleiben, ich will nach Hause, zu Vater und Mutter."

„Das wird kaum gehen", sagte die Zauberin. „Unser Land ist durch eine Wüste und riesige Berge, über die noch kein Mensch gekommen ist, von der übrigen Welt getrennt. Ich fürchte, mein Liebling, du wirst bei uns bleiben müssen."

Ellis Augen füllten sich mit Tränen. Die braven Käuer waren gleichfalls sehr betrübt. Sie begannen zu weinen und trockneten sich mit blauen Taschentüchern die Augen. Auch nahmen sie ihre Hüte ab und legten sie vor sich hin, damit die Schellen sie beim Schluchzen nicht störten.

„Und Sie können mir auch nicht ein bißchen helfen?" fragte Elli traurig.

„Ach, ich hab ja ganz vergessen, daß ich mein Zauberbuch bei mir hab. Laß mich nachsehen, vielleicht finde ich etwas darin, was dir nützen kann..."

Willina entnahm den Falten ihres Gewandes ein winziges Büchlein, das so groß war wie ein Fingerhut. Sie blies darauf, und vor der sprachlosen Elli begann das Buch zu wachsen, bis es zu einem riesigen Band wurde. Er war so schwer, daß die Alte ihn auf einen großen Stein legen mußte.

Willina schaute auf die Blätter des Buches, und unter ihrem Blick legten sie sich von selber um.

„Da sieh, ich hab's", rief sie und begann langsam zu lesen: ,,Bambara, tschufara, skoriki, moriki, turabo, furabo, loriki, joriki . . . Der große Zauberer Goodwin wird das kleine Mädchen, das der Sturm in sein Land verschlagen hat, nach Hause schicken, falls sie drei Lebewesen bei der Erfüllung ihrer sehnlichsten Wünsche behilflich sein wird; pikapu, trikapu, botalo, motalo . . ."

,,Pikapu, trikapu, botalo, motalo . . .", wiederholten die Käuer ehrfürchtig.

„Wer ist das, dieser Goodwin?" fragte Elli.

„Oh, das ist der weiseste Mann in unserem Lande", flüsterte die Alte, „er ist mächtiger als wir alle und lebt in der Smaragdenstadt."

„Und wie ist er, böse oder gut?"

„Das weiß niemand. Du brauchst aber keine Angst zu haben. Such nur die drei Geschöpfe, erfülle ihre sehnlichsten Wünsche, und der Zauberer der Smaragdenstadt wird dir helfen, in dein Land heimzukehren."

„Wo liegt denn die Smaragdenstadt?" fragte Elli.

„In der Mitte des Landes. Goodwin, der große Weise und Zauberer, hat sie selber erbaut und regiert dort. Er hat sich -seither in tiefes Geheimnis gehüllt, noch niemand hat ihn nach dem Aufbau der Stadt gesehen, die vor vielen, vielen Jahren fertig wurde."

„Wie komme ich aber in die Smaragdenstadt?"

„Es ist ein weiter Weg, der dorthin führt, und nicht überall ist das Land so freundlich wie bei uns. Da gibt es finstere Wälder mit schrecklichen Tieren und reißende Flüsse, die dem Wanderer mit großen Gefahren drohen."

„Wollen Sie nicht mit mir gehen?" fragte Elli.

„Nein, mein Kind", erwiderte Willina, „ich kann das Gelbe Land für längere Zeit nicht verlassen. Du mußt schon allein gehen. Der Weg zur Smaragdenstadt ist mit gelbem Backstein ausgelegt, du wirst dich gewiß nicht verirren. Wenn du zu Goodwin kommst, bitte ihn um Hilfe..."

„Werde ich dort lange bleiben müssen, Frau Zauberin?" fragte Elli mit gesenktem Blick.

„Ich weiß es nicht", antwortete Willina. „Darüber steht nichts in meinem Zauberbuch. Geh, suche, kämpfe! Ich werde von Zeit zu Zeit das Zauberbuch aufschlagen, um nachzusehen, wie es dir geht . . . Leb wohl, mein Kind!"

Willina beugte sich über das riesige Buch, das sogleich klein wurde wie ein Fingerhut, und steckte es in die Falten ihres Gewandes. Ein Wind erhob sich, es wurde finster ringsum, und als die Dunkelheit zerrann, war Willina verschwunden. Elli erschauerte, und die Käuer zitterten vor Angst so sehr, daß die Schellen an ihren Hüten von selber zu klingeln begannen.

Als sie sich beruhigt hatten, sagte der tapferste unter den Käuern, ihr Ältester, zu Elli:

„Allmächtige Fee! Wir begrüßen dich im Blauen Lande! Du hast die böse Gingema getötet und die Käuer befreit."

Elli entgegnete:

„Ihr seid sehr liebenswürdig, doch irrt Ihr Euch. Ich bin keine Fee. Ihr habt doch gehört, daß mein Häuschen auf Befehl der Zauberin Willina auf Gingema niederging..."

„Das glauben wir nicht", erwiderte der Älteste entschieden. „Wir haben dein Gespräch mit der guten Zauberin gehört, botalo, motalo, dennoch glauben wir, daß du eine mächtige Fee bist. Nur Feen können mit ihren Häuschen durch die Luft fliegen, nur eine Fee konnte uns von Gingema erlösen, der bösen Zauberin des Blauen Landes. Sie hat viele Jahre über uns geherrscht, und wir mußten Tag und Nacht für sie arbeiten."

„Wir mußten Tag und Nacht für sie arbeiten", wiederholten die Käuer im Chor.

„Sie befahl uns, Spinnen und Fledermäuse zu fangen und in den Gräben Frösche und Blutegel zu sammeln, denn das waren ihre Lieblingsspeisen..."

„Wir aber fürchten uns so sehr vor den Spinnen und Blutegeln!" klagten die Käuer mit Tränen in den Augen.

„Warum weint ihr?" fragte Elli. „Jetzt ist doch alles vorbei?"

„Ja, ja!" frohlockten die Käuer und lachten, daß die Schellen an ihren Hüten klingelten.

„Mächtige Frau Elli!" hub der Älteste wieder an. „Willst du uns jetzt anstelle von Gingema regieren? Wir wissen, daß du sehr gütig bist und uns nicht allzu oft bestrafen wirst!"

„Nein, ich bin nur ein kleines Mädchen und tauge nicht zum Regieren", erwiderte Elli.

„Wenn ihr mir aber helfen wollt, so laßt mich eure sehnlichsten Wünsche erfüllen."

„Wir hatten nur den einen Wunsch, die böse Gingema loszuwerden, pikapu, trikapu! Dein Häuschen - krak! krak! krak! - sie zerdrückt, und jetzt haben wir keine Wünsche mehr!" sagte der Älteste.

„Dann brauch ich mich bei euch nicht länger aufzuhalten. Ich will Leute suchen, die Wünsche haben. Leider sind meine Schuhe zu alt und zerschlissen für den weiten Weg. Nicht wahr, Totoschka?" wandte sich Elli an das Hündchen.

„Natürlich", pflichtete ihr Totoschka bei. „Mach dir aber keine Sorgen, Elli, ich hab in der Nähe etwas entdeckt und werde dir helfen!"

„Du?" wunderte sich das Mädchen.

„Ja, ich!" erwiderte stolz das Hündchen und verschwand hinter den Bäumen. Bald kehrte es zurück, einen schönen Silberschuh in den Zähnen, den es feierlich Elli zu Füßen legte.

Am Schuh funkelte eine goldene Schnalle.

„Woher hast du ihn?" staunte Elli.

„Das werd ich dir gleich sagen", antwortete keuchend das Hündchen, verschwand erneut in den Büschen und kam bald mit dem zweiten Schuh wieder.

„Entzückend!" rief Elli aus. Sie probierte die Schuhe an, die genau paßten, als wären sie nach Maß genäht.

„Während ich mich hier umsah", hub Totoschka mit wichtiger Miene zu erzählen an, entdeckte ich im Berg hinter den Bäumen ein großes schwarzes Loch."

„Ach, ach, ach!" entsetzten sich die Käuer, „das ist ja der Eingang zur Höhle der bösen Gingema! Und du hast dich hineingewagt?"

„Was ist schon dabei? Gingema ist ja tot!" entgegnete Totoschka.

„Du bist wohl auch ein Zauberer?" fragte der Älteste zitternd, und alle anderen Käuer nickten so lebhaft, daß die Schellen an ihren Hüten im Takt klingelten.

„Und als ich in die Höhle stieg, wie ihr das Loch nennt, da sah ich viele drollige und merkwürdige Dinge. Am meisten gefielen mir aber die Schuhe, die am Eingang standen.

Große Vögel mit schrecklichen gelben Augen wollten mich hindern, die Schuhe zu nehmen, aber ein Totoschka läßt sich nicht ins Bockshorn jagen, wenn er seiner Elli einen Dienst erweisen will!"

„Du, mein tapferer Liebling!" rief Elli aus und drückte das Hündchen zärtlich an sich. „Mit diesen Schuhen werde ich bestimmt niemals müde!"

„Schön, daß du die Schuhe der bösen Hexe bekommen hast", fiel ihr der Älteste der Käuer ins Wort. „Sie besitzen wahrscheinlich Zauberkraft, denn Gingema pflegte sie nur bei äußerst wichtigen Anlässen anzuziehen. Wir wissen nicht, was das für eine Kraft ist... Sag, willst du wirklich von uns gehen, liebe Fee?" fragte der Älteste seufzend. „Dann wollen wir dir schnell Mundvorrat für die Reise bringen."

Die Käuer gingen. Elli fand ein Stück Brot in ihrem Häuschen und aß es am Ufer eines Baches. Dann trank sie vom klaren, kalten Wasser und begann zum weiten Weg zu rüsten, während Totoschka unter einem Baum umhersprang und nach einem krächzenden bunten Papagei schnappte, der auf einem Zweig saß und das Hündchen neckte.

Elli trat aus dem Häuschen, schloß sorgfältig die Tür und schrieb mit Kreide darauf: „Ich bin nicht zu Hause."

Da kehrten auch schon die Käuer zurück. Sie hatten so viel Essen mitgebracht, daß es Elli für Jahre gereicht hätte: ganze Hammel, Gänse und Enten, einen Korb mit Obst . . .

Elli lachte:

„Was soll ich mit soviel Essen anfangen, liebe Freunde?"

Sie legte ein wenig Brot und Obst in den Korb, nahm von den Käuern Abschied und machte sich mit dem lustigen Totoschka tapfer auf den Weg.

* * *

Nicht weit von dem Häuschen gabelte sich die Straße. Elli wählte die, die mit gelbem Backstein ausgelegt war. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, und das kleine Mädchen, das vom Schicksal in ein wunderliches Land verschlagen worden war, fühlte sich ganz wohl.

Zu beiden Seiten des Weges zogen sich blaue Zäune hin, hinter denen bestellte Felder lagen. Da und dort waren runde Häuschen zu sehen, deren Dächer den Spitzhüten der Käuer ähnelten. Auf den Dächern glitzerten Kristallkugeln. Die Häuschen waren blau angestrichen.

Auf den Feldern arbeiteten kleine Männer und Frauen.

Sie zogen vor Elli die Hüte und nickten ihr freundlich zu, denn jeder wußte jetzt, daß das Mädchen mit den Silberschuhen das Land von der bösen Zauberin befreit hatte, daß sie mit ihrem Häuschen - krak, krak! - auf den Kopf der Hexe niedergesaust war.

Die Käuer, denen sie unterwegs begegneten, blickten ängstlich staunend auf Totoschka und hielten sich die Ohren zu, wenn er bellte. Wenn das brave Hündchen auf einen Käuer zulief, so floh dieser, so schnell er konnte. Im Lande Goodwins gab es nämlich keine Hunde.

Am Abend verspürte Elli Hunger. Sie dachte nach, wo sie die Nacht verbringen solle, da erblickte sie ein großes Haus, das dicht am Wege stand. Auf einem Rasen vor dem Hause tanzten kleine Männer und Frauen. Musikanten spielten eifrig auf kleinen Geigen und bliesen Flöte. Auch Kinder tummelten sich da, die so klein waren, daß Elli staunte. Sie sahen wie Puppen aus. Auf einer Terrasse standen lange Tische mit Tellern voller Obst, Nüssen und Bonbons, schmackhaften Kuchen und großen Torten.

Als Elli herankam, trat ein schöner, hoher Greis aus der tanzenden Schar (er war um einen ganzen Finger größer als Elli!), verneigte sich und sagte:

„Ich und meine Freunde feiern heute die Befreiung unseres Landes von der bösen Zauberin. Darf ich die mächtige Fee des Tötenden Häuschens zu unserem Fest einladen?"

„Warum meint Ihr, daß ich eine Fee bin?" fragte Elli.

„Du hast die böse Zauberin Gingema zerdrückt - krak, krak! -, wie eine hohle Eierschale; du trägst ihre Zauberschuhe und hast ein merkwürdiges Tier bei dir, wie wir es noch nie gesehen haben und von dem unsere Freunde sagen, daß es gleichfalls Zauberkräfte besitzt..."

Darauf wußte Elli nichts zu erwidern, und sie folgte dem Alten, der Prem Kokus hieß. Die Leute nahmen sie wie eine Königin auf. Ihre Schellen an den Hüten klingelten ohne Unterlaß, es wurde viel getanzt, man verzehrte unzählige Kuchen und trank eine Menge erfrischender Getränke. Es war ein so angenehmer und lustiger Abend, daß Elli erst beim Einschlafen an Vater und Mutter dachte.

Am Morgen nach dem reichlichen Frühstück fragte sie den alten Kokus:

„Ist es von hier weit bis zur Smaragdenstadt?"

„Das weiß ich nicht", erwiderte dieser nachdenklich. „Ich war nie dort. Man hält sich dem Großen Goodwin lieber fern, besonders, wenn man kein wichtiges Anliegen an ihn hat.

Außerdem ist auch der Weg in die Smaragdenstadt sehr lang und beschwerlich. Du wirst durch finstere Wälder gehen und reißende Flüsse überqueren müssen."

Elli war betrübt, solches zu hören, aber sie wußte, daß nur der Große Goodwin sie nach Kansas zurückbringen könne, und so verabschiedete sie sich denn von den lieben Leuten und beschritt wieder den Weg, der mit gelbem Backstein gepflastert war.

 

Der scheuch

 

Elli wanderte rastlos mehrere Stunden, und als sie müde wurde, setzte sie sich vor einem der blauen Zäune hin, hinter dem sich ein Feld mit reifem Weizen zog. In der Nähe stand ein hoher Pfahl, auf dem eine Vogelscheuche aufgesteckt war. Der Kopf bestand aus einem mit Stroh ausgestopften Sack, auf den man Augen und Mund gemalt hatte, so daß das Gesicht sehr komisch wirkte. Die Scheuche hatte einen abgetragenen blauen Rock an, aus dessen Nähten an manchen Stellen das Stroh herausragte. Der Kopf war mit einem alten schäbigen Hut bedeckt, dem man die Schellen abgeschnitten hatte, und die Füße staken in blauen Schaftstiefeln, wie sie die Männer des Landes trugen.

Die Scheuche hatte ein komisches und gutmütiges Aussehen. Elli betrachtete aufmerksam das bemalte Gesicht und staunte nicht wenig, als ihr plötzlich das rechte Auge zublinzelte. Zunächst dachte sie, es sei eine Täuschung, denn in Kansas blinzelten die Vogelscheuchen nicht. Als ihr aber der Strohmann freundlich zunickte, erschrak sie, und der tapfere Totoschka sprang bellend am Zaun hoch, hinter dem die Scheuche stand.

„Guten Tag", sagte diese mit heiserer Stimme.

„Du sprichst?" wunderte sich Elli.

„Ja. Ich habe es gelernt, als ich mich mit einer Krähe zankte. Wie geht es dir?"

„Danke, gut! Sag, lieber Mann, hast du einen sehnlichen Wunsch?"

„O ja! Ich hab eine Menge Wünsche!" Die Scheuche begann hastig ihre Wünsche aufzuzählen: „Erstens brauche ich silberne Schellen für meinen Hut, zweitens neue Stiefel, drittens. . ."

„Oh, das reicht vollauf", unterbrach ihn Elli. „Aber was ist dein sehnlichster Wunsch?"

„Der sehnlichste?" Der Strohmann dachte einen Augenblick nach. „Nimm mich herunter. Es ist schrecklich langweilig, Tag und Nacht hier zu stehen und die widerlichen Krähen zu verscheuchen, die, nebenbei gesagt, gar keine Angst vor mir haben!"

„Kannst du denn selber nicht heruntersteigen?"

„Nein. Man hat mich auf den Pfahl aufgespießt. Zieh ihn doch aus mir heraus, ich werde dir sehr dankbar sein!"

Elli bog den Pfahl um, faßte den Strohmann mit beiden Händen und hob ihn ab.

„Besten Dank!" stieß er hervor, als er auf der Erde stand. „Ich fühle mich wie neugeboren.

Wenn ich jetzt noch silberne Schellen für meinen Hut und ein Paar neue Stiefel bekäme. . ."

Der Strohmann zupfte sorgfältig seine Jacke zurecht, klopfte das Stroh von den Kleidern ab, machte einen Knicks und stellte sich vor:

„Scheuch!"

„Was sagst du'?"

„Scheuch. Man hat mich so getauft, weil ich die Krähen verscheuchen muß. Und wie heißt du?"

,,Elli."

„Ein schöner Name!"

Das Mädchen war sprachlos. Es konnte nicht begreifen, wie eine Strohpuppe mit bemaltem Gesicht gehen und sprechen konnte.

Totoschka aber war empört.

„Und warum sagst du mir nicht guten Tag'?" rief er zornig.

„Ach, bitte um Verzeihung!" entschuldigte sich der Scheuch und drückte des Hündchens Pfote. „Ich habe die Ehre, mich vorzustellen: Scheuch!"

„Sehr angenehm. Mein Name ist Toto. Meine besten Freunde dürfen mich aber Totoschka nennen!"

„Oh, lieber Scheuch, wie froh ich bin, deinen sehnlichsten Wunsch erfüllt zu haben!" sagte Elli.

„Verzeih, Elli", entgegnete der Scheuch und machte wieder einen Knicks. „Aber ich hab mich wohl geirrt, denn mein sehnlichster Wunsch ist ein Gehirn."

„Ein Gehirn?"

„Na ja, ein Gehirn. Es ist doch nicht angenehm, wenn man einen Kopf voll Stroh hat."

„Du lügst ja!" sagte Elli vorwurfsvoll.

„Lügen? Was ist das? Man hat mich erst gestern gemacht, und ich versteh noch nichts . . .'

„Wieso verstehst du dann, daß du Stroh im Kopf hast und kein Gehirn wie die Menschen?"

„Das hat mir eine Krähe gesagt, als wir uns zankten. Ich will's dir erzählen. Heute morgen flog eine große struppige Krähe in meiner Nähe herum, die vom Weizen bei weitem nicht so viel fraß, wie sie auf der Erde verstreute. Dann setzte sie sich frech auf meine Schulter, pickte mich in die Wange und höhnte: ,Kaggi-kar!, und das nennt sich ein Scheuch!

Welcher Kauz von einem Farmer hat sich einbilden können, daß wir Krähen uns vor ihm fürchten würden . . .` Du wirst verstehen, Elli, daß ich wütend war und unbedingt etwas erwidern mußte. Ich strengte mich furchtbar an, und dann gelang es mir plötzlich. Wie ich mich da freute! Allerdings haperte es zunächst. ,Pff, fff . . . ff -ort mit dir, du Scheusal!` schrie ich, ,un . . . un . . . untersteh dich nur, mich zu zwicken, ich kann fff . . . ff u . . . ffurchtbar sein!` Es gelang mir, die Krähe am Flügel zu packen und sie von meiner Schulter zu werfen. Die aber machte sich nichts daraus und begann unverschämt die Ähren zu picken. ,Du glaubst wohl, ich staune?` rief die Krähe. ,Als ob ich nicht wußte, daß in Goodwins Land selbst die Scheuchen sprechen, wenn sie sich nur tüchtig anstrengen! Aber ich hab trotzdem keine Angst vor dir, denn von deinem Pfahl kommst du doch nicht los!` - ,Ffff . . . ffo . . . ffort!` schrie ich in meinem Elend, und hätte am liebsten geheult vor Wut.

In der Tat, wozu tauge ich auch, wenn ich nicht einmal mit einer Krähe fertig werde. Trotz ihrer Frechheit war die Krähe anscheinend ein guter Vogel", fuhr der Strohmann fort.

„Sie hatte Mitleid mit mir. ,Sei nicht so traurig!` krächzte sie. ,Hättest du ein Gehirn im Kopf, so wärst du so wie alle anderen! Das Gehirn ist das einzig Wertvolle bei den Krähen. . . und bei den Menschen!` So erfuhr ich, daß der Mensch ein Gehirn hat, und ich keines.

Übermütig schrie ich: Ohoho-ho-ho!! Es lebe das Gehirn! Ich werde mir unbedingt eins verschaffen!` Der launische Vogel vergällte mir aber die Freude. ,Karrkarr!` kicherte er, wo kein Gehirn da ist, wird's auch keins geben, karr-karr!` und flog davon. Und dann kamst du mit Totoschka. Sag, Elli, kannst du mir ein Gehirn geben?"

„Nein, das kann ich nicht. Das kann wahrscheinlich nur Goodwin in der Smaragdenstadt. Ich gehe zu ihm, um ihn zu bitten, daß er mich nach Kansas heimführt zu Vater und Mutter."

„Wo befindet sich diese Smaragdenstadt, und wer ist Goodwin?"

„Weißt du es nicht?"

„Nein, ich weiß überhaupt nichts", antwortete der Scheuch traurig. „Du siehst ja, ich bin mit Stroh ausgestopft und hab kein Gehirn."

„Du tust mir schrecklich leid!" seufzte das Mädchen.

„Hab Dank für dein Mitgefühl. Bist du auch sicher, daß Goodwin mir ein Gehirn gibt, wenn ich dich in die Smaragdenstadt begleite."

Das weiß ich nicht. Aber wenn der Große Goodwin dir auch keines gibt, so wird es dir doch nicht schlechter gehen als jetzt."

„Das stimmt", gab der Scheuch zu. „Weißt du", fuhr er zutraulich fort, „mir kann nichts geschehen, weil ich mit Stroh ausgestopft bin. Du kannst mich mit einer Nadel durchstechen, und es wird mir nicht weh tun. Ich möchte aber nicht, daß die Menschen mich einen Strohkopf nennen, und ohne Gehirn kann man doch nichts erlernen!"

„Du Armer", sagte Elli. „Komm mit uns. Ich werde Goodwin bitten, daß er dir hilft."

„Schönen Dank!" erwiderte der Scheuch und machte wieder einen Knicks.

Der Strohmann war, obwohl nur einen Tag alt, sehr höflich. Das Mädchen half ihm, die ersten Schritte zu tun, und dann gingen sie zusammen den gelben Backsteinweg entlang, der in die Smaragdenstadt führte.

Totoschka mißfiel der neue Weggefährte. Er lief um ihn herum und beschnupperte ihn, in der Annahme, unterm Rock sei ein Mäusenest verborgen. Er bellte und tat so, als wollte er den Strohmann beißen.

„Hab keine Angst, Totoschka wird dich nicht beißen", sagte Elli zu Scheuch.

„Hab ich ja gar nicht! Kann man vielleicht Stroh beißen? Gib mir deinen Korb, es macht mir nichts aus, ihn zu tragen, denn ich werde niemals müde. Und dann - im Vertrauen gesagt - gibt es nur ein Ding auf der Welt, vor dem ich mich fürchte", flüsterte er heiser dem Mädchen ins Ohr.

„Oh!" rief Elli, „wovor denn? Vor einer Maus?"

„Nein, vor einem brennenden Streichholz!"

* * *

Nach ein paar Stunden wurde der Weg holprig. Der Scheuch stolperte über Löcher, über die Totoschka hinwegsprang, während Elli sie umging. Da der Strohmann immer geradeaus ging, fiel er einmal übers andere der Länge nach hin, was ihm aber nicht weh tat. Elli half ihm jedesmal aufzustehen, und er schritt, über seine Ungeschicklichkeit lachend, unbekümmert weiter.

Dann las Elli am Wegrand einen dicken Ast auf und reichte ihn dem Strohmann, der ihn als Wanderstab benutzte und sich nunmehr beim Gehen viel sicherer fühlte.

Dann wurden die Häuschen immer seltener, und Obstbäume waren überhaupt keine mehr zu sehen. Das Land war hier dünn besiedelt und unfreundlich.

Die Wanderer machten an einem Bach halt. Elli nahm Brot aus ihrem Korb und bot ein Stückchen dem Scheuch an, der es jedoch höflich ablehnte.

„Ich hab niemals Hunger, und das ist für mich sehr vorteilhaft."

Elli nötigte ihn nicht und gab das Brot Totoschka, der es gierig verschlang und dann Männchen machte, damit man ihm mehr gebe.

„Erzähl mir von dir, Elli, und von deinem Land", bat der Scheuch.

Elli sprach lange über die weite Steppe von Kansas, wo im Sommer alles grau und staubig ist, ganz anders als in Goodwins Wunderland.

Der Scheuch hörte aufmerksam zu.

„Ich verstehe nicht, warum du dich nach deinem trockenen und staubigen Kansas sehnst?"

„Das kannst du nicht, weil du kein Gehirn hast", entgegnete das Mädchen. „Zu Hause ist es immer besser!"

Der Scheuch lächelte pfiffig.

„Das Stroh, mit dem ich ausgestopft bin, ist auf dem Feld gewachsen, meinen Rock hat ein Schneider genäht und die Stiefel ein Schuster. Wo ist nun mein Zuhause? Auf dem Feld, beim Schneider oder beim Schuster?"

Elli wußte nichts zu antworten.

Mehrere Minuten saßen sie schweigend da.

„Vielleicht wirst du mir jetzt etwas erzählen?" fragte das Mädchen.

Der Scheuch blickte sie vorwurfsvoll an.

„Ich bin so jung, daß ich überhaupt nichts weiß. Man hat mich erst gestern gemacht, und ich hab keine Ahnung, was es vor mir auf der Welt gab. Zum Glück malte mir mein Herr zuerst die Ohren, und so konnte ich hören, was um mich vorging. Damals war zufällig ein anderer Käuer bei uns zu Gast, und das erste, was ich vernahm, waren seine Worte: ,Die Ohren sind doch zu groß!` - ,Macht nichts. Sie sind schon so, wie sie sein sollen`, entgegnete mein Herr und malte mir das rechte Auge.

Ich betrachtete neugierig die Umgebung, denn - du wirst ja verstehen - es war das erstemal, daß ich die Welt sah.

,Das Auge ist nicht übel`, sagte der Gast, ,du hast mit blauer Farbe nicht gegeizt.`

,Das andere scheint mir ein bißchen zu groß`, meinte mein Herr, indem er mein zweites Auge zu Ende malte.

Dann machte er mir aus einem Flicken die Nase und malte den Mund. Ich konnte aber noch nicht sprechen, weil ich nicht wußte, wozu der Mund da ist. Der Herr zog mir seinen alten Rock an und setzte mir einen alten Hut auf, von dem die Kinder die Schellen abgeschnitten hatten. Ich war schrecklich stolz und kam mir wie ein richtiger Mensch vor.

,Dieser Kerl wird mit den Krähen schon fertig werden`, meinte der Farmer.

,Weißt du was? Nenn ihn Scheuch!` sagte der Gast, und mein Herr folgte seinem Rat.

Die Kinder des Farmers riefen fröhlich: ,Scheuch! Scheuch! Die Krähen verscheuch!`, dann trug man mich aufs Feld, setzte mich auf einen Pfahl und ließ mich allein. Es war langweilig, so zu verharren, doch wußte ich mir nicht zu helfen. Gestern fürchteten sich noch die Vögel vor mir, heute nicht mehr. Dann kam die gute Krähe, die mir vom Gehirn erzählte . . . Wenn Goodwin mir doch eines geben würde!..."

„Ich glaube, er wird dir helfen", tröstete ihn Elli.

„Ja, ja! Es ist unangenehm, ein Strohkopf zu sein, über den sogar die Krähen lachen."

„Laßt uns gehen!" sagte Elli, stand auf und reichte dem Scheuch den Korb.

Am Abend kamen sie in einen großen Wald. Die Zweige hingen tief herab und versperrten ihnen den gelben Backsteinweg. Dann ging die Sonne unter, und es wurde dunkel.

„Wenn du ein Haus siehst, in dem wir übernachten könnten, so sag es mir", bat Elli mit müder Stimme. „Es ist so unheimlich, im Dunkeln zu wandern."

Da blieb der Scheuch plötzlich stehen.

,Ich sehe rechts eine kleine Hütte. Wollen wir hingehen?" „Ja, ja", erwiderte Elli, „ich bin so müde!"

Sie bogen vom Weg ab und standen bald vor der Hütte. Als sie hineingingen, entdeckte Elli in einer Ecke ein Lager aus Moos und Heu. Sie schlief, den Arm um Totoschka, sofort ein, während der Scheuch vor der Schwelle hockte und über die Schlafenden wachte.

Seine Wache war nicht unnütz. Nachts schlich sich ein Tier heran, das einen schwarzgemischten Pelz und auf dem Kopf, der wie ein Schweinskopf aussah, weiße Streifen hatte.

Wahrscheinlich hatte der Duft des Essens in Ellis Korb das Tierchen angelockt. Der Scheuch glaubte, Elli drohe große Gefahr. Mit angehaltenem Atem stand er da und ließ den Feind (es war bloß ein junger Dachs, was der Strohmann freilich nicht wissen konnte) bis an die Tür herankommen. Als das Tierchen seine Nase neugierig hereinsteckte und den lockenden Duft einsog, versetzte der Scheuch ihm mit der Rute, die er in der Hand hielt, einen saftigen Hieb über den fetten Rücken.

Der Dachs heulte auf und floh ins Dickicht zurück, aus dem noch lange sein Winseln zu hören war . . .

Der Rest der Nacht verlief ruhig. Die Tiere des Waldes hatten begriffen, daß die Hütte einen verläßlichen Wächter hatte. Der Scheuch, der niemals müde wurde und keinen Schlaf brauchte, saß an der Schwelle, starrte in die Finsternis und wartete ruhig den Morgen ab.

 

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