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Роман «Непобедимый» (Der Unbesiegbare) на немецком языке – Станислав Лем

Роман «Непобедимый» (Der Unbesiegbare) на немецком языке – читать онлайн, автор книги - Станислав Лем. Произведения, которые написал Станислав Лем – это не просто фантастика, а, скорее, философия писателя, выраженная в фантастических романах, повестях и рассказах. Некоторые изобретения, показанные в книгах Лема, на сегодняшний день уже не являются фантастикой (и в романе «Непобедимый» (Der Unbesiegbare) вы сами это увидите). Однако философия, которую Станислав Лем вкладывает в свои книги, остаётся актуальной и сегодня. Многие из книг писателя (роман «Непобедимый» - в их числе) были переведены на самые распространённые языки мира, в том числе и на немецкий.

Остальные романы, повести и рассказы разных жанров вы найдёте в разделе «Книги на немецком языке». Детская литература есть в разделе «Сказки на немецком».

Для тех, кто самостоятельно изучает немецкий язык по фильмам, создан раздел «Фильмы на немецком языке» (для детей есть раздел «Мультфильмы на немецком»).

Для тех, кто хочет учить немецкий язык не только самостоятельно, но и с преподавателем, есть информация на странице «Немецкий по скайпу».

 

На этой странице выложена часть первой главы романа «Непобедимый» (Der Unbesiegbare) на немецком языке, а ссылка на продолжение книги будет в конце этой страницы. Теперь переходим к чтению романа «Непобедимый».

 

Der Unbesiegbare

 

Der schwarze Regen

 

Der »Unbesiegbare«, ein Raumkreuzer der schweren Klasse, das größte Schiff, über das die Flottenbasis im Sternbild der Leier verfügte, durchf log mit Photonenantrieb den äußersten Quadranten der Sterngruppe. Die dreiundachtzig Mann Besatzung schliefen im Tunnelhibernator des Zentraldecks. Die Flugstrecke war verhältnismäßig kurz, deshalb hatte man auf vollständige Hibernation verzichtet und lediglich den Tiefschlaf angewandt, beidem die Körpertemperatur nicht unter zehn Grad absinkt. In der Steuerzentrale arbeiteten nur die Automaten. Im Fadenkreuz der Orientierungsanlagehing die Scheibe der Sonne, die nicht viel heißer war als ein gewöhnlicher, roter Zwergstern. Als sie die halbe Bildschirmbreite einnahm, wurde die Annihilation unterbrochen. Eine Weile war es im ganzen Raumschiff totenstill. Die Klimaanlagen und die Rechenmaschinen arbeiteten lautlos. Die leichte Vibration hörte auf, die Begleiterscheinung des Photonenstrahls, der vordem aus dem Heck gedrungen war und wie ein endlos langer, in Dunkel gehüllter Degen das Raumschiff vorwärtsgestoßen hatte. Der »Unbesiegbare« flog noch immer nahezu mit Lichtgeschwindigkeit dahin, starr, taub und scheinbar ohne Leben an Bord.

An den Steuerpulten, die im rötlichen Schein der fernen, auf dem zentralen Bildschirm sichtbaren Sonne schimmerten, blinzelten die Lämpchen einander zu. Die Magnettonbänder setzten sich in Bewegung, gemächlich krochen die programmierten Codestreifen in die Eingabe immer anderer Apparate, die Umschalter sprühten Funken, und der Strom floß mit einem Summen in die Leitungen, das niemand vernahm. Die Elektromotoren überwanden den Widerstand der Reste längst eingetrockneten Schmieröls, liefen an und wechselten von tiefem Dröhnen zu hohem Stöhnen über. Mattierte Kadmiums täbe schoben sich aus den Hilfsreaktoren hervor, die magnetischen Pumpen preßten flüssiges Natrium in die Kühlschlangen, durch das Heck lief ein Zittern, und zugleich verriet ein schwaches Rasseln im Wandinnern - es war, als trieben dort ganze Schwärme winziger Tierchen ihr Unwesen und scharrten mit ihren Krallen am Metall-, daß sich die Reparaturautomaten auf ihre viele Kilometer lange Wanderung begeben hatten, um die Festig keit der Gerüstverstrebungen, die Undurchlässigkeit des Raketenrumpfes und die Haltbarkeit der Schweißnähte zu überprüfen. Das ganze Schiff, voll von Geräusch und Bewegung, erwachte - nur die Besatzung schlief noch.

Schließlich schluckte der letzte Automat seinen Codestreifen und sandte Signale in die Hibernatorzentrale. In den kalten Luftstrom mischte sich Weckgas. Aus den Fußbodengittern zwischen den Kojenreihen blies ein warmer Wind. Doch die Schläfer wollten anscheinend noch immer nicht auf wachen. Einige bewegten kraftlos die Arme, Fieberphantasien und Alpträume drängten sich in die Leere ihres eisigen Schlafes. Endlich öffnete der erste die Augen. Das Schiff war darauf vorbereitet. Seit wenigen Minuten vertrieb künstliches, weißes Tageslicht die Dunkelheit aus den langen Deckkorridoren, den Aufzugsschächten, den Kajüten, der Steuerzentrale, den Arbeitskabinen und den Schleusenkammern. Und während der Hibernator von Seufzen und schlaftrunkenem Stöhnen widerhallte, leitete das Raumschiff das erste Bremsmanöver ein, als könnte es das endgültige Erwachen der Besatzung nicht erwarten. Auf dem zentralen Bildschirm flammten die feurigen Garben der Bugdüsen auf. Eine Erschütterung zerriß plötzlich das bisher starre Gleichmaß der Lichtgeschwindigkeit. Die gewaltige Gegenkraft, die von den Bugdüsen ausging, suchte die achtzehntausend Tonnen Ruhemasse des »Unbesiegbaren«, die nun sogar mit der riesigen Eigengeschwindigkeit vervielfältigt war, zu zermalmen. In den Kartenräumen schaukelten die hermetisch verpackten Karten unruhig an ihren Rollen. Hier und da be wegten sich mangelhaft befestigte Gegenstände, als wären sie lebendig. In den Kombüsen stießen klirrend Gefäße aneinander, die Lehnen der leeren Schaumgummisessel bebten, die Sicherheitsgurte und die Wandseile der Decks pendelten hin und her. Geräusche von Glas, Blech und Kunststoff vermischten sich, wie eine Welle pflanzte sich das Klopfen vom Bug bis zum Heck fort. Aus dem Hibernator drang Stimmengewirr. Nach einem kurzen Über gangsschlaf kehrten die Männer aus dem Nichts, in dem sie sieben Monate geweilt hatten, in die Wirklichkeit zurück.

Das Raumschiff verlor an Geschwindigkeit. Der in rotes Gewölk gehüllte Planet verdeckte die Sterne. Immer langsamer glitt ein Ozean vorbei, in dem sich das Sonnenlicht wie in einem gewölbten Spiegel brach. Kraterübersät trat ein bräunlicher Kontinent hervor. Die Männer an ihren Plätzen sahen nichts davon. Tief unter ihnen, in den Titankammern des Triebwerks, dröhnte ein gedämpftes Tosen, eine riesige Last zog ihnen die Finger von den Hebeln. In den Bereich des Bremsstrahls geriet eine Wolke, glänzte weißlich auf wie bei einer Quecksilberexplosion, zerfiel und war verschwun den. Einen Augenblick schwoll das Triebwerkgeheul an. Die rötliche Scheibe in der Tiefe wurde flach: So verwandelt sich ein Planet in ein Festland. Nun hoben sich bereits sichelförmige Dünen ab, über die der Wind hinwegfegte. Lavastränge, die von einem nahe gelegenen Krater auseinanderliefen wie Radspeichen, warfen den Feuerschein aus den Raketendüsen lodernd zurück, so daß er das Sonnenlicht überstrahlte.

»Mittelachse -- volle Kraft! Statischer Antrieb!«

Die Zeiger rückten träge in den nächsten Sektor der Meßskala vor, das Manöver lief reibungslos ab. Wie ein kopfstehender, feuerspeiender Vulkan hing das Raumschiff eine halbe Meile hoch über der zernarbten Planetenoberfläche mit den versandeten Felsrücken.

»Mittelachse -- volle Kraft! Bremst statischen Antrieb!«

Nun war bereits zu erkennen, wo der Bremsstrahl auf den Boden traf. Eine rote Sandwolke stieg dort auf. Vom Heck zuckten violette Blitze, scheinbar lautlos, denn das Donnern ging im Brüllen der Gase unter. Allmählich glich sich die Potentialdifferenz aus, die Blitze verschwanden.

Eine Trennwand ächzte. Mit einer Kopfbewegung bedeutete der Kommandant dem Ingenieur: Fremdschwingung, muß beseitigt werden. Aber keiner reagierte. Die Triebwerke heulten auf, und ohne jegliche Erschütterung, wie ein von unsichtbaren Seilen gehaltener Stahlberg, senkte sich das Raum schiff.

»Mittelachse -- halbe Kraft! Kleiner statischer Antrieb!«

Rauchende Sandwolken, hoch wie Meereswogen, jagten in konzentrischen Kreisen davon. Das Epizentrum, das aus geringer Entfernung von dem gebündelten Feuerstrahl getroffen wurde, rauchte nicht mehr. Der Sand war verschwunden. Aus einem roten, blasigen Spiegel hatte er sich in einen siedenden See geschmolzener Silikate verwandelt und war schließlich in einer Säule kreischender Explosionen verdampft. Das Urgestein des Planeten, nackt wie fleischloses Gebein, wurde weich.

»Reaktoren auf Leerlauf! Kalter Antrieb!«

Das leuchtende Blau des Atomfeuers erlosch. Aus den Düsen sprühte in schrägem Strahl Borwasserstoff, und mit einemmal überflutete ein gespenstisches Grün Wüste, Kraterwände und Wolken. Der Basaltgrund, auf dem das breite Heck des »Unbesiegbaren« aufsetzen sollte, würde nun nicht mehr schmelzen.

»Reaktoren auf Null. Mit kaltem Antrieb Landung!«

Aller Herzen schlugen schneller, die Blicke wandten sich den Instrumenten zu, schwitzende Finger krampften sich um die Hebel. Die letzten Worte bedeuteten, daß es kein Zurück gab, daß man den Fuß auf festen Boden setzen würde, und sei es auch nur auf den Sand eines öden Planeten. Immerhin war dort ein Sonnenaufgang und ein Sonnenuntergang, ein Horizont, Wolken und Wind.

»Punktlandung im Nadir!«

Anhaltendes Stöhnen füllte das Schiff: Die Turbinen preßten den Kraftstoff nach unten. Eine kegelförmige, grüne Feuersäule verband es mit demrauchenden Felsen. Ringsum verschleierten Sandwolken die Periskope der Mitteldecks. Nur auf den Radarschirmen in der Steuerzentrale erschienen und erloschen in ständigem Wechsel die Umrisse einer im Chaos des Taifuns verschwindenden Landschaft.

»Bei Bodenberührung stop!«

Das Feuer, das von dem hinabsinkenden Raketenkoloß Millimeter um Millimeter zusammengepreßt wurde, wirbelte aufsässig unter dem Heck, die grüne Hölle schoß lange Glutspritzer mitten in die zuckenden Sandwolken. Der Raum zwischen dem Heck und dem verbrannten Gestein verengte sich zu einem schmalen Spalt, einem glühenden grünen Strich.

»Null, null! Alle Triebwerke stop!«

Ein Glockenton, wie ein Schlag, der einzige Schlag eines riesigen, zerspringenden Herzens. Die Rakete stand. Der Chefingenieur hielt beide Hebel der Notstartanlage fest in den Händen, denn noch konnte der Fels nachgeben. Sie warteten, die Sekundenzeiger krochen. Der Kommandant beobachtete eine Weile das Lot, aber das Silberlämpchen zeigte nicht die geringste seitliche Abweichung an.

Sie schwiegen. Die bis zur Weißglut erhitzten Düsen zogen sich zusammen und gaben dabei charakteristische Laute von sich, die einem heiseren Stöhnen glichen. Die rötliche, mehrere hundert Meter hochgeschleuderte Staubwolke senkte sich. Der stumpfe Bug des »Unbesiegbaren« trat hervor, dann der Rumpf, von der atmosphärischen Reibung geschwärzt, in der Farbe dem alten Basaltgestein ähnlich, und der rauhe, doppelte Panzer. Noch immer ballte sich rötlicher Staub und wirbelte am Heck auf, aber das Raumschiff stand nun fest, als wäre es selbst ein Teil des Planeten geworden und als kreiste es mit ihm in träger, jahrhundertealter Bewegung unter dem violetten Himmel, an dem die hellsten, in der Nähe der roten Sonne verblassenden Sterne zu sehen waren.

»Normale Prozedur?«

Der Astrogator blickte von dem Bordbuch auf, in das er in halber Höhe das vereinbarte Landezeichen und die Uhrzeit eingetragen und daneben den Namen des Planeten gesetzt hatte: Regis III.

»Nein, Rohan. Wir beginnen mit dem dritten Grad.«

Rohan suchte sein Erstaunen zu verbergen.

»Jawohl. Allerdings«, fügte er mit der Vertraulichkeit hinzu, die ihm Horpach bisweilen gestattete, »möchte ich das den Leuten lieber nicht sagen.«

Als hätte der Astrogator diese Worte nicht gehört, faßte er seinen Offizier unter und führte ihn an den Bildschirm wie an ein Fenster.

Der vom Landestrahl zur Seite geschleuderte Sand hatte eine Art flachen Talkessel gebildet, den lockere Dünen rahmten. Aus der Höhe von achtzehn Stockwerken sahen sie durch die dreifarbige Fläche des Elektronenwandlers, der ein getreues Abbild der Außenwelt lieferte, auf den gezackten Felsrand eines drei Meilen entfernten Kraters hinunter. Im Westen verschmolz er mit dem Horizont. Im Osten staffelten sich unter seinen Steilhängen undurchdringliche, schwarze Schatten. Breite Lavaarme, deren Kämme aus dem Sand hervorragten, hatten die Farbe geronnenen Blutes. Am oberen Rand des Bildschirms leuchtete ein heller Stern am Himmel.

Der Kataklysmus, den das Eintreffen des »Unbesiegbaren« heraufbeschworen hatte, war vorüber, und der Wüstenwind, diese heftige, ständig von den Äquatorzonen zum Pol des Planeten ziehende Luftströmung, trieb bereits die ersten Sandzungen unter das Schiffsheck, als suchte sie geduldig die Wunde zu heilen, die das Düsenfeuer geschlagen hatte.

Der Astrogator schaltete das Netz der Außenmikrofone ein, und ein bösartiges, fernes Heulen und das Geräusch des an den Panzerwänden scheuernden Sandes füllte einen Augenblick lang den hohen Raum der Steuerzentrale. Dann schaltete er die Mikrofone ab, und Stille trat ein.

»So sieht das also aus«, sagte er gedehnt. »Aber der >Kondor< ist von hier nicht zurückgekehrt, Rohan.«

Rohan biß die Zähne zusammen. Er durfte sich nicht in einen Wortwechsel mit dem Kommandanten einlassen. Sie hatten viele Parsek miteinander durchflogen, aber sie hatten sich nicht anfreunden können. Vielleicht war der Altersunterschied zu groß, oder die gemeinsam bestandenen Gefahren waren zu gering. Dieser Mann, dessen Haar fast so weiß war wie der Anzug, den er trug, kannte keine Rücksichtnahme.

Nahezu hundert Männer verharrten reglos an ihren Plätzen. Nun lag die angespannte Arbeit hinter ihnen, das Näherungsmanöver, die dreihundert Stunden, die notwendig waren, um die in jedem Atom des »Unbesiegbaren« gespeicherte kinetische Energie abzubremsen, das Schiff auf die Flugbahn zu bringen und zu landen. Fast hundert Männer, die seit Monaten den Wind nicht hatten rauschen hören, die hatten gelernt, die Leere zu hassen, wie sie nur einer hassen kann, der sie kennt. Aber der Kommandant dachte gewiß nicht daran. Langsam durchquerte er die Steuerzentrale, stützte die Hand auf die wieder hochgeklappte Sessellehne und knurrte: »Wir wissen nicht, was das ist, Rohan.« Und plötzlich fuhr er ihn in scharfem Ton an: »Worauf warten Sie noch?«

Rohan lief zu den Verteilerpulten und schaltete die Inneninstallation ein. In seiner Stimme schwang noch die unterdrückte Empörung, als er hervorstieß: »Alle Decks -- Achtung! Landung beendet. Erdprozedur dritten Grades. Deck acht -- Energoboter fertig machen! Deck neun - Schirmreaktoren anlassen! Schutztechniker an die Plätze! Übrige Besatzung an die festgelegten Arbeitsplätze! Ende.«

Während er das sagte und das grüne Auge des Verstärkers beobachtete, das je nach der Lautstärke seiner Stimme flimmerte, war ihm, als sähe er ihre verschwitzten Gesichter, die sich den Lautsprechern zuwandten und plötzlich in Verwunderung und Zorn erstarrten. Erst jetzt hatten sie begriffen, jetzt erst würden sie fluchen.

»Erdprozedur dritten Grades läuft, Astrogator«, sagte er, ohne den alten Mann anzusehen. Der blickte zu ihm hinüber und verzog unvermutet die Mundwinkel zu einem Lächeln.

»Das ist doch bloß der Anfang, Rohan. Vielleicht machen wir noch lange Spaziergänge bei Sonnenuntergang, wer weiß...«

Er entnahm dem flachen Wandschränkchen ein dünnes, hohes Buch, schluges auf, legte es auf das hebelgespickte Pult und fragte: »Haben Sie das gelesen?«

»Ja.«

»Das letzte, von der siebenten Hyperrelaisstation registrierte Signal erreichte vor einem Jahr die Proximalboje im Bereich der Basis.«

»Ich kann den Inhalt auswendig. >Landung auf Regis III beendet. Wüstenplanet vom Typ Subdelta 92. Gehen mit zweiter Prozedur in Äquatorzone des Kontinents Evana an Land.<«

»Ja, aber das war nicht das letzte Signal.«

»Ich weiß, Astrogator. Vierzig Stunden später registrierte die Hyperrelaisstelle eine Impulsfolge, die gemorst schien, aber völlig zusammenhanglos war, und danach mehrmals wiederkehrende, merkwürdige Laute. Haertel nannte sie >Kreischen von Katzen, die am Schwanz gezogen würden<!«

»Ja, ja...«, sagte der Astrogator, aber er hörte offensichtlich gar nicht mehr zu. Er stand wieder vor dem Bildschirm. Dicht über dem unteren Rand des Gesichtsfeldes waren die scherenförmig ausgefahrenen Träger der Rampe zu erkennen, auf denen in gleichmäßigen Abständen, wie bei einer Parade, die Energoboter hinabglitten, dreißig Tonnen schwere Maschinen mitfeuerfestem Silikonpanzer. Während sie hinunterkrochen, öffneten und hoben sich langsam ihre Hauben. Sie verließen die Rampe und sanken tief in den Sand ein, aber sie kamen gut voran und arbeiteten sich durch die Düne, die der Wind bereits um den »Unbesiegbaren« aufgeweht hatte. Nacheinander schwenkten sie rechts und links ein, und zehn Minuten später war das ganze Schiff von einer Kette metallener Schildkröten umgeben. Wenn ein Ener goboter seinen Platz erreicht hatte, dann wühlte er sich gemächlich in den Sand ein, bis er darin verschwand und nur noch die glitzernden Kuppeln der Dirac-Emitoren gleich weit entfernt voneinander aus den roten Dünenhängen hervorlugten.

Der schaumgummiverkleidete Stahlfußboden der Steuerzentrale erzitterte unter den Füßen der Männer. Blitzartig durchfuhr ein kaum spürbarer Schauer ihre Körper. Einen Augenblick noch durchrieselte er ihre Kiefermuskeln, das Bild verschwamm ihnen vor den Augen. Die Erscheinung dauerte keine halbe Sekunde. Abermals trat Stille ein, die von dem fernen, aus den unteren Stockwerken heraufdringenden Summen der anlaufenden Motoren unterbrochen wurde. Die Wüste, die schwarzroten Felshalden, die träge dahinkriechenden Sandwellen nahmen auf den Bildschirmen wieder schärfere Umrisse an, und alles war wie zuvor, nur hatte sich über den »Unbesiegbaren« die unsichtbare Kuppel des Kraftfeldes gestülpt und verwehrte den Zugang zum Raumschiff.

Da erschienen plötzlich Metallkrabben mit Antennen links und rechts, die wie Mühlenflügel kreisten, und schritten die Rampe hinunter. Diese Inforoboter waren bedeutend größer als die Feldemitoren, sie hatten einen abgeplatteten Rumpf und gebogene, seitwärts gespreizte Metallstelzen. Die Gliederfüßler blieben im Sand stecken, zogen unwillig die tief einsinkenden Extremitäten daraus hervor und verteilten sich auf die Zwischenräume in der Energoboterkette. Während die Schutzmaßnahmen weiterliefen, flammten auf dem mattierten Hintergrund des Zentralpults in der Steuerzentrale die Kontrollämpchen auf, und die Zifferblätter der Impulszähler überzogen sich mitgrünlichem Glanz. Es war jetzt, als starrten Dutzende großer Katzenaugen die beiden Männer an. Die Zeiger standen überall auf Null: Nichts versuchte den unsichtbaren Wall des Kraftfeldes zu durchbrechen. Nur am Energiever teilungsmesser rückte der Pfeil höher, über die roten Gigawattstriche hinaus.

»Ich gehe nach unten und esse etwas. Führen Sie den Stereotyp aus, Rohan«, sagte Horpach plötzlich mit müder Stimme und riß sich von dem Bildschirm los.

»Ferngesteuert?«

»Wenn Ihnen daran liegt, können Sie jemanden hinausschicken oder selbst gehen.»

Mit diesen Worten schob der Astrogator die Tür auseinander und verließ den Raum. Einen Augenblick noch sah Rohan sein Profil im schwachen Licht des Fahrstuhls, der lautlos abwärtsglitt. Er warf einen Blick auf den Feldanzeiger. Null. Eigentlich müßte man mit der Fotogrammetrie anfangen, dachte er, den Planeten umkreisen, bis man eine vollständige Aufnahmensammlung hat. Vielleicht ließe sich auf diese Weise etwas entdecken. Denn die visuellen Beobachtungen von der Bahn aus sind nicht viel wert. Ein Kontinent ist kein Meer, und alle Beobachter an den Fernrohren zusammen sind längst kein Matrose im Krähennest: Daß die Sammlung erst in ungefähr einem Monat vollständig wäre, steht auf einem anderen Blatt.

Der Fahrstuhl kam zurück. Er stieg ein und fuhr zum sechsten Deck hinunter. Die große Plattform vor der Schleusenkammer war gedrängt voll von Menschen, die hier eigentlich nichts mehr zu schaffen hatten, zumal da sich die vier Signale, die die Hauptmahlzeit ankündigten, schon seit etwa einer Viertelstunde wiederholten. Man machte ihm Platz.

»Jordan und Blank, Sie kommen mit zum Stereotyp.«

»Volle Schutzausrüstung, Navigator?«

»Nein, nur die Sauerstoffflaschen. Und einen Roboter. Am besten einen Arctan, der bleibt uns nicht in dem verfluchten Sand stecken. Und ihr, was steht ihr alle hier herum? Hat es euch den Appetit verschlagen?«

»Wir würden gern an Land gehen, Navigator.«

»Wenigstens ein paar Minuten...«

Sie redeten alle durcheinander.

»Nur die Ruhe bewahren, Jungs. Ihr werdet schon noch Ausflüge machen können. Vorläufig haben wir dritten Grad.«

Unlustig entfernten sie sich.

Unterdessen kam aus dem Ladeschacht ein Aufzug mit dem Roboter herauf, der selbst die stattlichsten Männer um Haupteslänge überragte. Jordan und Blank kehrten auf einem Elektrokarren zurück, sie hielten die Sauerstoffapparate bereit. Rohan hatte sich gegen das Geländer des Korridors gelehnt, der sich jetzt, da die Rakete auf Heck stand, in einen senkrechten, bis in den ersten Maschinenraum hinabreichenden Stollen verwandelt hatte. Über und unter sich spürte er die weit ausladenden Metallstockwerke, irgendwo in der Tiefe arbeiteten leise die Förderbänder, das schwache Schmatzen der hydraulischen Leitungen war zu hören, und aus dem vierzig Metertiefen Schacht drang gleichmäßig ein Hauch kalter, gereinigter Luft aus den Klimaanlagen des Maschinenraums herauf.

Zwei Leute vom Schleusenpersonal öffneten ihnen die Tür. Rohan prüfte instinktiv, ob die Gurte saßen und die Maske anlag. Jordan und Blank traten hinter ihm ein, dann dröhnte das Stahlblech unter den schweren Schritten des Roboters; schneidendes, anhaltendes Zischen der ins Schiffsinnere gesogenen Luft. Die Außenluke sprang auf. Die Maschinenrampe lag vier Stockwerke tiefer. Um dorthin zu gelangen, bedienten sich die Männer eines kleinen Aufzuges, der schon vorher aus dem Raketenmantel hinuntergelassen worden war. Sein Gittergeflecht reichte bis an die Dünenkämme. Der Fahrstuhlkorb war ringsum offen. Die Luft war kaum kühler als im Innern des »Unbesiegbaren«. Zu viert stiegen sie ein, die Magnetbremsen lösten sich, und aus elfstöckiger Höhe glitten die Männer sanft hinab, an den einzelnen Sektionen des Schiffskörpers vorbei. Rohan musterte sie unwillkürlich.

Es geschieht nicht allzuoft, daß man ein Raumschiff von außen betrachten kann - außer auf der Werft. Ganz schön mitgenommen, dachte er, als er die Risse sah, die von Meteorentreffern stammten. An manchen Stellen hatten die Panzerplatten den Glanz verloren, als wären sie von starker Säure zerfressen. Der Fahrstuhl beendete die kurze Reise und setzte weich auf einem angewehten Sandhügel auf. Sie sprangen hinaus und sanken gleich bis über die Knie ein. Nur der für Untersuchungen in verschneitem Gelände bestimmte Roboter bewegte sich mit komisch watschelnden, aber sicheren Schritten auf seinen lächerlich platten Füßen vorwärts. Rohan befahl ihm stehenzubleiben, dann musterten er und die beiden anderen die Mündungen der Heckdüsen, soweit sie von außen herankonnten.

»Die sollten wieder mal geschliffen und durchgeblasen werden. Das würde nicht schaden«, sagte er.

Erst als er unter dem Heck hervorkroch, bemerkte er, welch riesigen Schatten das Raumschiff warf. Wie eine breite Straße lief er über die Dünen, auf denen das Licht der schon tiefstehenden Sonne lag. Die Gleichmäßigkeit der Sandwellen strömte eine eigenartige Ruhe aus. Auf ihrem Grunde sammelten sich blaue Schatten, rosiger Dämmerschein überzog die Grate, und dieses warme, zarte Rosa erinnerte ihn an Farben, wie er sie von früher aus Bilderbüchern kannte. So unglaublich weich war es. Langsam ließ er den Blick von Düne zu Düne wandern und fand immer neue Nuancen in diesem gelbrosa Glühen; weiter entfernt gingen sie in ein tieferes Rot über, von Sicheln schwarzer Schatten zerschnitten, bis sie schließlich dort, wo sie nackte, bedrohlich aufragende Vulkanplatten umlagerten, zu einem einzigen gelblichen Grau verschmolzen. Während er dastand und schaute, nahmen seine Leute ohne Hast, mit jahrelang gewohnten und nun rein mechanischen Bewegungen die üblichen Messungen vor, füllten Luft- und Sandproben in kleine Behälter und prüften mit einer Sonde, deren Bohrkopf der Arctan hielt, die Radioaktivität des Bodens. Rohan kümmerte sich nicht um ihr Treiben.

Die Maske umschloß nur Nase und Mund; die Augen und den ganzen Kopf hatte er frei, weil er den flachen Schutzhelm abgenommen hatte. Er spürte, daß der Wind ihm ins Haar fuhr, daß sich feine Sandkörnchen auf der Gesichtshaut festsetzten und kitzelnd zwischen Plastrand und Wangen schoben. Heftige Windstöße zerrten an den Hosenbeinen seines Schutzanzugs. Die große, wie gedunsene Sonnenscheibe, in die man allenfalls eine Sekunde ungestraft blicken durfte, hing jetzt genau über der Raketenspitze. Der Wind pfiff langgezogen. Da das Kraftfeld die Bewegung der Gase nicht aufhielt, konnte Rohan beim besten Willen nicht erkennen, wo sich dessen unsichtbare Wand aus dem Sand erhob.

Das riesige Gelände, das sich vor seinem Blick auftat, lag wie ausgestorben, als hätte nie eines Menschen Fuß es betreten, als wäre dies nicht der Planet, der ein Raumschiff von der Klasse des »Unbesiegbaren« verschlungen hatte, ein Schiff mit hundert Mann Besatzung, einen gewaltigen, erfahrenen Segler der Leere, fähig, im Bruchteil einer Sekunde Energien von Millionen Kilowatt zu entwickeln, sie in Energiefelder umzuformen, die keine Materie zu durchstoßen vermochte, sie in vernichtende Strahlen mit Sterntemperaturen zusammenzufassen, die ganze Gebirgsketten in Staub und Asche verwandeln und Meere austrocknen konnten. Und doch war der stählerne, auf der Erde gebaute Organismus, die Frucht jahrhundertelangen Blühensder Technik, hier verschollen, war auf unerklärliche Weise verschwunden, ohne Spur, ohne SOS-Rufe, als hätte er sich in dieser roten und grauen Wüstenei aufgelöst.

So sieht der ganze Kontinent aus, dachte er. Er erinnerte sich gut. Von oben hatte er die gezackten Kraterherde erblickt und die einzige wahrnehmbare Bewegung darüber: das unaufhörliche, langsame Vorbeischwimmen der Wolken, die ihre Schatten über die endlosen Dünenbänke schleiften.

»Aktivität?« fragte er, ohne sich umzuwenden.

»Null, null zwei«, antwortete Jordan und erhob sich von den Knien. Sein Gesicht war gerötet, seine Augen glänzten. Die Maske entstellte die Stimme.

Das ist weniger als nichts, dachte er. Im übrigen wären die anderen auch nicht durch eine so grobe Nachlässigkeit umgekommen. Die automatischen Meßuhren hätten Alarm geschlagen, selbst wenn sich keiner um die Stereotypuntersuchungen gekümmert hätte.

»Atmosphäre?«

»Achtundsiebzig Prozent Stickstoff, zwei Prozent Argon, Kohlendioxyd null, vier Prozent Methan, der Rest Sauerstoff.«

»Sechzehn Prozent Sauerstoff? Bestimmt?«

»Ganz bestimmt.«

»Radioaktivität der Luft?«

»Praktisch null.«

Seltsam! So viel Sauerstoff! Diese Mitteilung überraschte ihn. Er tratvor den Roboter hin, der ihm sofort die Kassette mit den Zahlenangaben vor die Nase hielt.

Vielleicht haben sie versucht, ohne Sauerstoffapparate auszukommen, dachte er abwegig, denn er wußte, daß es nicht so gewesen sein konnte. Manchmal geschah es allerdings, daß einer der Männer, der mehr als die anderen von Heimweh gepeinigt war, entgegen dem Befehl die Maske abnahm und einer Vergiftung erlag. Aber das konnte einem, allenfalls zwei Leuten passieren.

»Haben Sie alles?« fragte er.

»Ja.«

»Dann gehen Sie zurück.«

»Und Sie?«

»Ich bleibe noch. Gehen Sie zurück!« wiederholte er ungeduldig. Er wollte endlich allein sein. Blank hängte sich den Riemen, der die Behälter zusammenhielt, über die Schulter, Jordan reichte dem Roboter die Sonde, und sowateten sie schwerfällig durch den tiefen Sand. Der Arctan schlurfte wie ein verkleideter Mensch hinterdrein.

Rohan ging bis zu der äußersten Düne. Nun sah er dicht vor sich die aus dem Sand herausragende, breite Öffnung des Emitors, der das schützende Kraftfeld erzeugte. Nicht um sich von dessen Existenz zu überzeugen, sondern ganz einfach aus kindlichem Mutwillen hob er eine Handvoll Sand auf und schleuderte sie von sich. Der Sand beschrieb einen Bogen in der Luft und rieselte dann, als wäre er auf eine unsichtbare, gläserne Wölbung getroffen, senkrecht zu Boden. Es juckte Rohan buchstäblich in den Fingern, so große Lust hatte er, die Maske abzusetzen. Er kannte dieses Gefühl gut: das Plastmundstück ausspucken, die Sicherheitsgurte herunterreißen, die ganze Brust mit Luft vollpumpen, sie tief in die Lungen saugen...

Ich werde rührselig, dachte er und kehrte langsam zu dem Raumschiff zurück. Der Korb des Aufzugs stand wartend, leer, die Plattform weich in die Düne gebettet, der Wind hatte bereits in den wenigen Minuten die Metallwände des Gerüstes mit einer feinen Flugsandschicht überzogen.

Gleich im Hauptkorridor des fünften Decks blickte er zum Wandinformator. Der Kommandant war in der Sternkajüte. Er fuhr hinauf.

»Kurz gesagt, ein Idyll«, faßte der Astrogator Rohans Worte zusammen.

»Keine Radioaktivität, keinerlei Sporen, Bakterien, Pilze, Viren - nichts, nur dieser Sauerstoff. Auf alle Fälle müssen von den Proben Nährlösungen angesetzt werden.«

»Sie sind schon im Laboratorium. Vielleicht entwickelt sich hier das Leben auf anderen Kontinenten«, bemerkte Rohan ohne Überzeugung.

»Das bezweifle ich. Außerhalb der Äquatorzone ist die Sonneneinstrahlung schwach. Haben Sie nicht gesehen, wie dick die Polkappen sind? Ich wette, die Eisdecke dort ist wenigstens acht, wenn nicht zehn Kilometerstark. Dann kommt schon eher der Ozean in Frage, irgendwelche Tangarten, Algen. Aber warum ist das Leben aus dem Wasser nicht aufs Land gekommen?«

»Wir werden uns dieses Wasser genauer ansehen müssen«, sagte Rohan.

»Es ist noch zu früh, unsere Leute zu fragen. Aber der Planet scheint mir alt zu sein. So ein runzliges Ei hat gewiß einige Jahrmilliarden auf dem Buckel. Übrigens hat auch die Sonne ihre Glanzzeit schon eine Weile hinter sich. Das ist ja fast ein roter Zwergstern. Tja, daß an Land jegliches Leben fehlt, gibt zu denken. Eine besondere Art der Entwicklung, die Trockenheit nicht verträgt. Schön, das würde das Auftreten von Sauerstoff erklären, aber nicht den Fall >Kondor<!«

»Vielleicht gibt es Lebensformen, Meereswesen, die sich im Ozean verbergen und auf seinem Grunde eine Zivilisation geschaffen haben«, mutmaßte Rohan.

Beide betrachteten die große Karte des Planeten in Mercatorprojektion. Sie war ungenau, weil sie nach den Angaben automatischer Sonden im vergangenen Jahrhundert gezeichnet worden war. Auf ihr waren lediglich die Umrisse der wichtigsten Kontinente und der Ozeane eingetragen, die Bereich linien der Polkappen und die größten Krater. In dem Netz der Längen- und Breitengrade sah man unter dem achten Grad nördlicher Breite einen rotgerahmten Punkt: ihre Landestelle. Der Astrogator schob ungeduldig das Papier auf dem Kartentisch beiseite.

»Das glauben Sie doch selbst nicht!« fuhr er ihn an. »Tressor ist nicht dümmer gewesen als wir. Er hätte nicht vor Meereswesen kapituliert. Unsinn! Außerdem hätten solche vernunftbegabte Wesen, wenn es sie wirklich gäbe, zuallererst das Festland in Besitz genommen. Und sei es in wassergefüllten Skaphandern. Reiner Unsinn«, wiederholte er, nicht weil er Rohans Konzeption für ganz und gar unsinnig hielt, sondern weil er bereits an etwas anderes dachte.

»Wir werden eine Weile hierbleiben«, schloß er dann und berührte den unteren Rand der Karte, die sich leise knisternd zusammenrollte und in einem waagerechten Fach des großen Kartenschranks verschwand. »Wir wartenab, dann werden wir ja sehen.«

»Und wenn nicht?« fragte Rohan vorsichtig. »Wollen wir sie dann suchen?«

»Seien Sie doch vernünftig, Rohan! Sechs Sternjahre und so ein...« Der Astrogator suchte nach einem passenden Wort, fand es nicht und ersetzte es durch eine verächtliche Handbewegung.

»Der Planet ist so groß wie der Mars. Wie sollen wir sie da suchen? Das heißt, den >Kondor<?«

»Nun ja, der Boden ist eisenhaltig«, gab Rohan unlustig zu. Tatsächlich wiesen die Analysen des Sandes eine beträchtliche Beimischung von Eisenoxyden auf. Die Ferroinduktionswerte waren also nicht zu gebrauchen.

Rohan wußte nicht, was er noch sagen sollte, deshalb schwieg er. Im übrigen war er überzeugt, daß der Kommandant schließlich einen Ausweg finden würde. Sie würden doch nicht mit leeren Händen, ohne Ergebnis umkehren. Er betrachtete Horpachs Augenwülste mit den struppigen Brauen und wartete.

»Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, daß diese achtundvierzig Stunden Wartezeit uns überhaupt etwas nützen, aber die Vorschriften verlangen es so«, sagte der Astrogator plötzlich im Ton eines Geständnisses. »Setzen Sie sich, Rohan! Sie stehen vor mir wie das leibhaftige Gewissen. Die Regis ist der idiotischste Ort, den man sich denken kann. Der Gipfel der Sinnlosigkeit.

Mir ist rätselhaft, weshalb der >Kondor< hierhergeschickt worden ist. Aber das soll nicht unsere Sorge sein, es ist nun mal passiert.«

Horpach brach ab. Er war schlecht gelaunt, und in solchen Augenblicken wurde er meist redselig und verwickelte den anderen leicht in ein manchmal fast vertrauliches Gespräch. Das barg immer eine gewisse Gefahr in sich, weil er es jederzeit mit einer boshaften Bemerkung beenden konnte.

»Kurz, wir müssen etwas unternehmen. So oder so. Wissen Sie was? Bringen Sie doch ein paar kleine Fotosonden auf die Äquatorumlaufbahn. Aber daß sie mir auch wirklich kreisförmig und eng ist. Etwa siebzig Kilometer.«

»Das ist doch im Bereich der Ionosphäre«, wandte Rohan ein »Sie verglühen nach einigen Dutzend Umkreisungen.«

»Sollen sie doch verglühen! Aber vorher fotografieren sie, was möglich ist. Ich würde Ihnen sogar raten, sechzig Kilometer zu riskieren. Sie verglühen vielleicht schon bei der zehnten Umkreisung, doch nur Aufnahmen aus dieser Höhe können uns etwas nützen. Wissen Sie, wie eine Rakete aus hundert Kilometer Höhe aussieht, selbst durch das beste Teleobjektiv? Ein Stecknadelkopf ist daneben ein ganzes Bergmassiv. Lassen Sie sofort... Rohan!«

Schon an der Tür, wandte sich der Navigator um. Der Kommandant warf das Protokoll mit den Analysenergebnissen auf den Tisch.

»Was soll das heißen? Was ist das wieder für eine Idiotie? Wer hat das geschrieben?«

»Der Automat. Was ist los?« fragte Rohan, mühsam Ruhe bewahrend, denn auch in ihm stieg der Zorn auf. Jetzt will er wohl noch herumnörgeln, dachte er und näherte sich betont langsam.

»Lesen Sie! Hier, bitte, hier!«

»Methan -- vier Prozent«, las Rohan laut und erstarrte unwillkürlich.

»Vier Prozent Methan, wie? Und Sauerstoff sechzehn? Wissen Sie, was das ist? Ein explosives Gemisch! Wollen Sie mir nicht erklären, warum die ganze Atmosphäre nicht explodiert ist, als wir mit Borwasserstoff gelandet sind?«

»Tatsächlich... Das verstehe ich nicht«, stammelte Rohan. Er lief an das Kontrollpult, ließ durch die Saugvorrichtung etwas Außenatmosphäre in die Geber ein; und während der Astrogator, in bedrohliches Schweigen gehüllt, in der Steuerzentrale hin und her ging, beobachtete er die Analysatoren, die emsig mit klirrenden Glasgefäßen hantierten.

»Nun, und?«

»Dasselbe. Vier Prozent Methan, sechzehn Sauerstoff«, antwortete Rohan. Er begriff zwar nicht, wie das möglich war, aber er empfand eine gewisse Genugtuung, denn nun würde Horpach ihm wenigstens nichts vorwerfen können.

»Zeigen Sie schon her! Hm. Methan vier, hol's der Teufel. Schön. Die Sonden auf die Bahn, Rohan, und dann kommen Sie bitte ins kleine Labor.

Wozu haben wir die Fachleute? Sollen die sich den Kopf darüber zerbrechen.«

Rohan fuhr hinunter, rief zwei Raketentechniker zu sich und übermitt elte ihnen den Auftrag des Astrogators. Dann kehrte er in den zweiten Stock zurück. Hier lagen die Laboratorien und die Kajüten der Fachleute. Er kam an mehreren schmalen, in das Metall gepreßten Türen vorbei, die Schil der mit Buchstaben trugen: Ch. I., Ch. Ph., Ch. T., Ch. B., und andere. Die Tür des kleinen Laboratoriums war weit geöffnet. Die monotonen Stimmen der Fachleute wurden dann und wann vom Baß des Astrogators unterbrochen.

Rohan blieb auf der Schwelle stehen. Hier waren alle »Chefs« versammelt - der Ingenieur, der Biologe, der Physiker, der Arzt und alle Technologen aus dem Maschinenraum. Der Astrogator saß schweigend im äußersten Sessel unter dem Programmgeber der transportablen Rechenmaschine, und der dunkelhäutige Moderon, der die kleinen rundlichen Hände verschränkt hatte, sagte eben: »Ich bin kein Gasspezialist. Jedenfalls ist das gewiß kein gewöhnliches Methan. Die Bindungsenergie ist anders. Die Differenz beträgt zwar nur ein Hundertstel, aber immerhin. Es reagiert mit Sauerstoff erst mit Hilfe von Katalysatoren, doch selbst dann noch schwer.«

»Welchen Ursprung hat dieses Methan?« fragte Horpach. Er drehte die Daumen.

»Der Kohlenstoff ist auf jeden Fall organischen Ursprungs. Es ist nicht viel, aber es besteht kein Zweifel...«

»Sind Isotope vorhanden? Wie alt sind sie? Wie alt ist das Methan?«

»Zwei bis fünfzehn Millionen Jahre.«

»Oh, wie genau!«

»Wir hatten nur dreißig Minuten Zeit. Mehr kann ich nicht sagen.«

»Quastler! Wo kommt dieses Methan her?«

»Ich weiß es nicht.«

Horpach blickte seine Spezialisten der Reihe nach an. Er sah aus, als würde er jeden Moment hochgehen; aber mit einemmal lächelte er.

»Meine Herren, Sie sind doch erfahrene Männer. Wir fliegen nicht erst seit gestern zusammen. Ich bitte Sie um Ihre Meinung. Was sollen wir jetzt tun? Womit beginnen?«

Da sich keiner anschickte zu antworten, sagte der Biologe Joppe, einer der wenigen, die Horpachs Jähzorn nicht fürchteten, den Blick ruhig auf den Kommandanten gerichtet: »Das ist kein gewöhnlicher Planet der Klasse Subdelta 92. Der >Kondor< wäre sonst nicht verschollen. Da er weder schlechtere noch bessere Fachleute an Bord hatte als wir, können wir als einziges mit Sicherheit annehmen, daß ihre Kenntnisse nicht ausreichten, die Katastrophe zu verhindern. Daraus folgt: Wir müssen die Prozedur dritten Grades beibehalten und das Festland und die Ozeane untersuchen. Ich denke, wir sollten mit den geologischen Bohrungen beginnen und uns gleichzeitig mit dem hiesigen Wasser befassen. Alles andere wären Spekulationen, und einen solchen Luxus können wir uns in unserer Lage nicht leisten.«

»Schön.« Horpach preßte die Kiefer aufeinander. »Die Bohrungen im Bereich des Kraftfeldes sind kein Problem. Das übernimmt Dr. Norwik.« Der Chefgeologe nickte. »Was den Ozean betrifft... Wie weit ist es von hier bis ans Ufer, Rohan?«

»Ungefähr zweihundert Kilometer«, antwortete der Navigator, durchaus nicht erstaunt, daß der Kommandant von seiner Anwesenheit wußte, obwohl er ihn nicht sehen konnte, denn Rohan stand einige Schritte hinter ihm an der Tür.

»Ein bißchen weit. Aber wir lassen den >Unbesiegbaren< jetzt in Ruhe. Sie nehmen sich so viele Leute mit, wie Sie für richtig halten, Rohan.

Fitzpatrik oder noch einen Ozeanologen und sechs Energoboter aus der Reserve. Damit fahren Sie ans Ufer. Arbeiten werden Sie nur unter dem Schutzfeld. Keinerlei Vergnügungsfahrten auf dem Meer, keine Tauchversuche. Bitte gehen Sie auch mit den Automaten nicht zu großzügig um, wir haben nicht allzu viele. Klar? Dann können Sie anfangen. Ach, noch etwas: Eignet sich die hiesige Atmosphäre als Atemluft?«

Die Ärzte flüsterten miteinander.

»Im Prinzip ja«, sagte Stormont schließlich in wenig überzeugendem Ton.

»Was heißt >im Prinzip<? Kann man atmen oder nicht?«

»Ein so hoher Methananteil bleibt nicht ohne Wirkung. Im Laufe der Zeit tritt eine Sättigung des Blutes ein, und das kann gewisse leichte Störungserscheinungen im Gehirn nach sich ziehen, Betäubungen, aber erst nach einer Stunde, vielleicht auch nach mehreren Stunden.«

»Genügt da nicht ein Methanabsorber?«

»Nein, Astrogator. Das heißt, es lohnt nicht, Absorber herzustellen, weil man sie zu oft wechseln müßte. Außerdem wäre der Sauerstoffgehalt trotzdem ziemlich gering. Ich jedenfalls bin für Sauerstoffapparate.«

»Hm. Die anderen Herren auch?«

Witte und Eldjarn nickten.

Horpach erhob sich. »Schön. Fangen wir also an. Rohan! Was ist mit den Sonden?«

»Gleich stoßen wir sie aus. Darf ich die Bahnen kontrollieren, ehe ich aufbreche?«

»Sie dürfen.«

Rohan wandte sich ab und ließ den Lärm des Laboratoriums hinter sich. Als er die Steuerzentrale erreichte, ging gerade die Sonne unter. Ihre dunkle, von fast violettem Purpurrot gesäumte Scheibe ließ unnatürlich deutlich die gezackten Konturen des Kraters am Horizont hervortreten. Der in diesem Teil der Galaxis dichtbestirnte Himmel schien ins Riesenhafte zu wachsen. Immer tiefer senkten sich die großen Sternbilder auf den Planeten herab und verschmolzen mit der in Dunkelheit getauchten Wüste. Rohan setzte sich mit der Satellitenabschußrampe am Bug in Verbindung. Eben warder Start des ersten Fotosatellitenpaars angesagt worden. Die nächsten sollten eine Stunde später abgeschossen werden. Bis zum anderen Abend würden die Tag- und Nachtaufnahmen von beiden Halbkugeln des Planeten ein genaues Bild des gesamten Äquatorgürtels vermitteln.

»Minute einunddreißig. Azimut sieben. Einstellung...«, wiederholte eine angenehme Stimme im Lautsprecher. Rohan dämpfte sie mit dem Regler und schwenkte den Sessel zur Kontrolltafel herum. Er hätte das niemals zugegeben, aber das Lichterspiel beim Abschuß einer Sonde auf eine Planetenum laufbahn bereitete ihm immer wieder Vergnügen. Zuerst flammten die Kontrollämpchen der Boosterrakete rubinrot, weiß und blau auf. Dann begann der Startautomat zu zählen. Wenn sein Ticken abbrach, durchrieselte den ganzen Schiffskörper ein schwaches Beben. Gleichzeitig erhellte Phosphorschein die Wüste auf den Bildschirmen. Mit einem verhaltenen Dröhnen, das bis in die untersten Decks drang, schoß das winzige Projektil aus der Bugrampe hervor und übergoß das Mutterschiff mit einem Flammenmeer. Der Lichtsche in der Boosterrakete, die sich schnell entfernte, flatterte immer schwäch er auf den Dünenhängen und erlosch schließlich. Jetzt - die Rakete war nicht mehr zu hören -- wurde die ganze Armaturentafel wie von einem heftigen Fieberschauer geschüttelt. Mit hektischer Hast sprangen die länglichen ballistischen Kontrollichter aus dem Dunkel hervor, die perlmutterfarbenen Lämpchen der Fernsteuerung nickten ihnen ermutigend zu, dann erschienen, einem bunten Lichterbaum ähnlich, die Signale, die den Abwurf der ausgebrannten Raketenstufen anzeigten, und am Ende flammte über diesem in allen Regenbogenfarben schillernden Flackern ein reinweißes Viereck auf, das Zeichen dafür, daß der Satellit seine Umlaufbahn erreicht hatte. Mitten auf der glitzernden, schneeweißen Fläche blinkte eine kleine, graue Insel, die sich zu der Zahl 67 formte. Das war die Flughöhe.

Rohan überprüfte noch die Bahnparameter, aber Perigäum und Apogäum lagen in der Nähe der errechneten Werte. Hier hatte er nichts mehr zu tun. Er verglich die Bordzeit -- die Uhr zeigte 18 Uhr - mit der jetzt geltenden Ortszeit: 23 Uhr. Er schloß kurz die Augen. Er war froh über diese Exkursion ans Meer, denn er liebte es, selbständig zu arbeiten. Er war hungrig und müde. Eine Weile überlegte er, ob nicht ein Erfrischungsdragee angebracht wäre, aber dann meinte er, das Abendbrot müsse genügen. Als er sich er hob, merkte er, wie sehr er erschöpft war, und wunderte sich darüber, und diese Verwunderung belebte ihn wieder ein wenig. Er fuhr in die Messe hinunter. Dort hatten sich seine Leute bereits versammelt: die beiden Fahrer der Luftkissenlaster, unter ihnen Jarg, den er mochte, weil er stets guter Laune war, und der Ozeanologe Fitzpatrik mit seinen beiden Kollegen Broza und Koechlin. Sie waren mit dem Abendessen fertig, als Rohan erst eine heiße Suppe bestellte und dem Wandautomaten Brot und ein paar Flaschen alkoholfreies Bier entnahm. Er stellte alles auf ein Tablett und ging damit an den Tisch. Da lief ein leichtes Beben durch den Fußboden. Der »Unbesiegbare« hatte den nächsten Satelliten abgeschossen.

 

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